Die Zahl ist ganz einfach - und brutal. Null Prozent Einkommen sind schlicht nichts. Gar nichts. Dieses Existenzdrama in der Coronakrise trifft viele Freiberufler, Selbstständige, Ladenbesitzer, Gastronomen und natürlich die Künstlerszene. Musiker haben keinerlei Möglichkeiten mehr, aufzutreten, für viele eine Katastrophe. Der Kirchheimer Daniel Hughes, selbst Musiker und umtriebiger Netzwerker, hat für die regionale Szene unter dem Dach „SOKKO Stuttgart“, das Solidarische Künstler-Kollektiv, eine Aktion angestoßen, um in diesen deprimierenden Zeiten wenigstens bescheidene Einnahmemöglichkeiten zu schaffen. Er hat dafür den Begriff „Quarantainment“ erschaffen, also Unterhaltung unter Quarantäne-Bedingungen. Das sind Auftritte von etwa 30 Minuten, die auf Youtube und Facebook abrufbar sind. Geld kann man den Künstlern über Paypal zukommen lassen.
Wie so vieles derzeit, kam die Sache auch sehr schnell in die Gänge. „Ich kam letzte Woche mit dem Auto nach Deutschland zurück und habe eine Freundin angerufen, die mir erzählte, dass sie derzeit keinerlei Einkommen hat“, berichtet Daniel Hughes. Außerdem habe sie von Kreativschaffenden gesprochen, die Fans und Unterstützer um Spenden bitten. Es folgten weitere Anrufe bei Musikerkollegen, mit dem gleichen Ergebnis. „Ich habe praktisch während der Gespräche im Auto das Konzept ‚Quarantainment‘ entwickelt, damit ich mehr tun kann, als nur Almosen einsammeln“, schildert er die Situation. Es folgte noch im Auto Kontakt mit Michael Holz und dem Filmemacher Jan Hanicz, der auch selbst Musik mit „Groove, Digger!“ macht. Von beiden volle Unterstützung, keine Frage. Praktisch sofort standen Team, Konzept und Name. Die Zahl der Unterstützer wuchs innerhalb kürzester Zeit: der Club Bastion, Gunnar Stahlberg mit seiner Agentur und auch die Stadt Kirchheim sind dabei. Den ursprünglich geplanten Aufzeichnungsort „Bastion“ konnte sie allerdings nicht genehmigen, dem standen rechtlich die Corona-Vorschriften für öffentliche Räume entgegen. Blieb als Alternative die private „Schenkscheune“ in der Alleenstraße 38, die derzeit auch geschlossen ist.
Vor Kurzem wurden die ersten drei „Performances“ aufgezeichnet: Johnny Trouble, das Jenzi-Reinhardt-Quintett aus Mannheim und der Stuttgarter Liedermacher „Borna“. Die Audio-Technik stammt aus der „Bastion“ und der „Wunderbar“. Am Mischpult sitzt Bastions-Mann Joachim Barinka, die Video-Produktion übernimmt Jan Hanicz, beides Profis in ihrem Metier. Auch „Micha“ Holz bringt sich noch vor Ort ein - er kommt vorbei und versorgt die Musiker mit je einer Flasche Bier und einem „Veschper“.
Auf dem Video in Youtube und Facebook erklärt Daniel Hughes auch, wie man über Paypal den Künstlern Geld zukommen lassen kann. „Wir möchten eine Plattform schaffen, mit der wir auch während der Krise weiterarbeiten können“, formuliert der Kirchheimer Musiker die Ziele. Die Erfahrungen in den wenigen Tagen der Vorbereitung machen ihn zuversichtlich: „Es ist toll, wie viel Solidarität und Hilfsbereitschaft die Menschen an den Tag legen - überall in Deutschland.“
Die nächsten Aufnahmen stehen bereits an. Wahrscheinlich nicht mehr in der Schenkscheune, sondern in Johnny Troubles Studio in Dettingen.