Stellen Sie sich vor, Sie stehen an der Theke einer Bar, plötzlich beginnt eine Schießerei, Tote, und Sie werden als Tatverdächtiger festgenommen. Horror!
So beginnt der Kriminalroman „Ein höheres Ziel“ der schwedischen Autorin und Staatsanwältin Malin Thunberg Schunke. Mit dieser Szene startete sie die Lesung im Lese-Laden in Kirchheim, die wie ihr Buch zu etwas ganz Besonderem wurde. Denn nicht nur die mit dem Debütantenpreis der Schwedischen Krimi-Akademie ausgezeichnete Autorin kam in das gemütliche Flair der Buchhandlung, auch die Dettinger Übersetzerin Stefanie Werner gestaltete den Abend mit. Im Dialog, mit Humor und Sachinformationen, warfen sich die beiden Frauen die Bälle zu und ernteten Lachen, Nachdenklichkeit und atemlose Stille beim Publikum.
Ein Stoff, der betroffen macht
Karin Schad vom Lese-Laden freute sich, neben den vielen Besucherinnen und Besuchern an diesem Abend sowohl die Autorin, ihre Übersetzerin als auch die Verleger des Polar-Verlags Jürgen Ruckh und Britta Kuhlmann begrüßen zu dürfen. Dann zog Malin Thunberg Schunke alle in ihren Bann mit ihrer internationalen, gesellschaftskritischen Geschichte, die betroffen machte.
Amir, ihr unglücklicher Held, steht 2015 zufällig an einer Bar, als ein Schussfeuer ausbricht. Er wird sofort als Terrorist verhaftet. Dabei waren er und seine vier Freunde harmlos zum Junggesellenabschied aus Schweden an die Côte d’Azur gekommen. Frankreich war durch das kurz zuvor geschehene islamistisch motivierte Attentat auf Charlie Hebdo alarmiert. Die Ermittlungen treten auf der Stelle, da schaltet Malin Thunberg Schunke eine Institution ein: Eurojust in Den Haag, Agentur der EU für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen.
Ermittlerinnen gehen in Serie
Im Zentrum des Geschehens stehen zwei ganz unterschiedliche Persönlichkeiten: die junge schwedische Staatsanwältin Ester Edh und ihre italienische Chefin Fabia Moretti. Seit sie die beiden Frauen in ihr Buch eingeführt hat, so Autorin Thunberg Schunke, wusste sie, dass dies die Chance für eine Serie sei. Inzwischen seien in Schweden vier weitere Bücher mit den beiden Ermittlerinnen erschienen. Stefanie Werner verriet, dass sie derzeit bereits an der Übersetzung des zweiten Buches arbeite.
Vom Fachbuch zum Krimi
Warum die internationale Strafrechtlerin und Juristin nach vielen Fachbüchern einen Krimi verfasst habe, wollte Stefanie Werner wissen. „Ich habe 2013 ein juristisches Fachbuch mit dem Titel ‚Whose responsibility?‘ geschrieben. Darin geht es um Rechte, die man hat, wenn man eines Verbrechens im Ausland beschuldigt wird. Als das Buch veröffentlicht wurde, konnte ich nicht aufhören, an die tragischen menschlichen Schicksale zu denken, und meine Fantasie wurde angeregt.“
Die internationale Dimension in vielen strafrechtlichen Ermittlungen heute erzwingt die Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft verschiedener Länder, um grenzüberschreitend Kriminelle zu jagen. Der gesellschaftskritische Krimi beleuchtet Themen wie Ethik, Überzeugungen und Vorurteile.