Kirchheim
Krise trifft auch die Floristen

Advent Pflanzen wie der Weihnachtsstern brauchen es warm, die Produktion ist energieintensiv. Weihnachtsblumen könnten deshalb teurer werden. Von Heike Siegemund

Die gestiegenen Energiepreise treffen auch die Floristen und Gärtnereien hart. Schließlich müssen große Gewächshäuser beheizt werden, und Pflanzen wie der temperaturempfindliche Weihnachtsstern brauchen es warm. Wie wirkt sich das auf die Preise für Weihnachtssterne und andere Weihnachtsblumen wie Amaryllis aus? Der Teckbote hat sich bei Floristen und Gärtnereien in der Teckregion umgehört.

„Wir produzieren schon seit Jahrzehnten keine Weihnachtssterne mehr selbst“, sagt Michael Liebrich, Inhaber der gleichnamigen Gärtnerei in Holzmaden und von „Blumen Ulmer“ in Weilheim. „Den Weihnachtsstern gibt es vom Mini-Exemplar bis zum Hochstamm. Man weiß im Vorfeld nie genau, was die Kunden wollen“, erklärt Liebrich, weshalb er die Pflanze inzwischen im Großmarkt einkauft. „So kann man viel genauer auf die Nachfrage der Kunden reagieren.“

Der Einkaufspreis sei im Großmarkt allerdings „definitiv gestiegen“. Beim Weihnachtsstern betrage die Preissteigerung zwischen zehn und 15 Prozent. Auch für die Amaryllis, die für ideales Wachstum noch mehr Wärme benötige als der Weihnachtsstern, werden die Preise in den kommenden Wochen steigen, prophezeit Liebrich – aufgrund der Energiekrise, aber auch, weil die Preise generell anziehen, je näher es Richtung Weihnachten geht.

„Topf-Amaryllis produzieren wir selbst. Die Knollen, die wir kaufen, sind um 20 Prozent teurer geworden“, berichtet Liebrich, der seine Gewächshäuser mit Öl heizt und auch dafür mehr bezahlen muss. „Jede Gärtnerei hat eine andere Heizart. Nicht alle haben Gas. Manche haben jetzt auf Holz umgestellt“, weiß er. Trotz allem bemerkt er keine Kaufzurückhaltung der Kunden: „Sie kaufen trotzdem. Für viele gehören Weihnachtssterne oder auch Christrosen vor der Haustür zum Advent dazu. Wegen einem oder zwei Euro mehr lassen sich die Menschen das nicht nehmen“, zeigt sich Liebrich erleichtert. Gleichzeitig verweist er auf Weihnachtssterne, die in Supermärkten regelrecht „verramscht“ werden: „Das ist weder nachhaltig noch umweltfreundlich und auch nicht regional“, betont Liebrich. Diese Pflanzen kommen meistens aus den Niederlanden, ergänzt er. Seine Weihnachtssterne hingegen werden „im Umkreis von Stuttgart produziert“.

Vom Weihnachtsstern verabschiedet

Vom Verkauf von Weihnachtssternen hat sich Bernd Czauderna von der gleichnamigen Landgärtnerei in Ötlingen „schon lange verabschiedet“, wie er sagt. „Der Weihnachtsstern ist ein Mitnahmeprodukt im Supermarkt geworden“, erklärt er und ergänzt: „Die großen Ketten laufen uns den Rang ab.“ Dort werden Pflanzen zum Verkauf angeboten, die „unter fragwürdigen Bedingungen billig meist im Ausland produziert werden“.

Dass er sich bereits seit Jahren generell auf die Gemüseproduktion spezialisiert hat und für seine Gärtnerei eine Winterpause einführte – nur auf dem Kirchheimer Wochenmarkt bietet er derzeit samstags seine Waren an –, sei auch der Nachhaltigkeit geschuldet. „Wenn ich den Ofen laufen lasse, braucht das wahnsinnig viel Energie. Wirtschaftlich zu arbeiten, macht so keinen Sinn.“

Dennoch sei auch im Winter ein gewisser Energiebedarf vorhanden: „Die Krise trifft mich trotzdem“, verdeutlicht Czauderna. Überhaupt sei die Gartenbaubranche „extrem betroffen“. Seine Gärtnerei heizt er mit Öl. Was die Preise anbelangt, sagt er: „Gas und Öl geben sich quasi die Hand.“ Eine Umrüstung kommt für ihn nicht infrage: „Das wäre mit so hohen Kosten verbunden, dass es keine Überlegung wert ist“, winkt er ab.

Bernd Czauderna hat bei seinen Kunden mittlerweile eine gewisse Kaufzurückhaltung festgestellt. „Auch die Leute, die sich keinen Kopf machen müssten, lassen den Euro momentan dort, wo er ist: auf dem Konto“, sagt Czauderna und betont: „Ich hoffe auf eine Belebung im Frühjahr für den gesamten Markt.“

Hans-Christof Blankenhorn, Inhaber von „Blumen Blankenhorn“ in Dettingen, beobachtet momentan ebenfalls eine Zurückhaltung bei den Kunden. Er könne derzeit noch nicht abschätzen, wie sich das Weihnachtsgeschäft weiterentwickelt, konstatiert er. In früheren Jahren wurden bei „Blumen Blankenhorn“ selbst Weihnachtssterne produziert. „Aber das lohnt sich nicht mehr“, sagt der Inhaber, der die Pflanzen auf dem Großmarkt einkauft. „Unsere Weihnachtssterne kommen vorwiegend aus Baden-Württemberg und sind qualitativ hochwertig.“ Bei den Einkaufspreisen auf dem Großmarkt hat er bis jetzt noch keine Steigerung festgestellt. „Das wundert mich. Die Produzenten können bis jetzt wohl keine höheren Preise durchsetzen“, vermutet Blankenhorn. „Aber diese Rechnung geht nicht auf. Da werden viele den Bach runtergehen.“

Ein Berufsstand auf der Kippe

Auch Andrea Beisswenger, Inhaberin der Blumenwerkstätte „Flora Blum“ in Ötlingen, ist überzeugt: „Nächstes Jahr hören bestimmt einige produzierende Betriebe auf, weil es sich nicht mehr rechnet.“ Beim Einkauf im Großmarkt hat sie bei Gesprächen mitbekommen, dass viele nachfolgende Generationen – „befeuert durch die Krise“ – nicht mehr bereit seien, weiterzumachen: „Da ist derzeit ein ganzer Berufsstand am Kippen.“