Sparen ist nicht einfach, schon gar nicht, wenn es ums Energiesparen geht. Der gesunde Menschenverstand legt zwei Ansatzpunkte nahe: Licht ausschalten und Temperatur bei Heizung und Wasser drosseln. Doch beides stößt in öffentlichen Gebäuden schnell an Grenzen. Das wurde schnell im Kirchheimer Gemeinderat klar, als es auf Antrag der CDU um örtliche Energiesparmaßnahmen ging.
sondern ums Energiesparen.
Die Stadt hatte einiges schon in die Wege geleitet, ehe die Energiekrise als Folge des russischen Angriffskrieges bis Kirchheim schwappte. Wie andere Kommunen auch orientiert sich Kirchheim an den aktuellen gesetzlichen Vorgaben der Bundesregierung, die allerdings nicht überwacht werden, und stimmt sich mit dem Städtetag ab.
„Energiesparen ist auch für den Klimawandel wichtig“, betonte Heinrich Brinker von den Linken, warnte jedoch vor allzu großen Illusionen: Die Stadtverwaltung habe laut städtischem Klimabericht mit drei Prozent einen geringen Anteil am Stromverbrauch verglichen mit der Industrie, die 70 Prozent benötige. Brinker wies darauf hin, dass vor allem einkommensschwache Haushalte kaum sparen könnten angesichts schlecht gedämmter Wohnungen und alter Elektrogeräte. Sein klarer Appell lautete, darauf zu achten, dass wirklich niemandem der Strom abgestellt werde.
SPD-Mann Anne Kenner vertraut diesbezüglich auf die Bundesregierung, die versichert habe, keiner bekomme den Strom abgedreht, und warnte davor, in Panik zu verfallen. Weiter warb er für ein Beratungsangebot, das alle umfasse, auch die, die ein Hallenbad hätten: „Es geht ja nicht ums Geldsparen, sondern ums Energiesparen.“
Sabine Lauterwasser von den Grünen empfand die Abschaltzeit für Lampen um 21 Uhr als sehr früh. Sie stellte die Frage, ob die Sicherheit weiterhin gewährleistet sei, wenn man beispielsweise vom Bahnhof nach Hause wolle.
Die Verwaltung suchte diese Sorge zu entkräften und verwies darauf, dass nie ganze Straßenzüge abgeschaltet würden, um keine Angsträume entstehen zu lassen. „Wenn sich jemand unwohl fühlt, schalten wir wieder ein“, erklärte Dr. Bader und sprach von Sparen mit Augenmaß. Nichts sei in Stein gemeißelt, Ausnahmen bestätigen die Regeln, und manches muss sich in der Praxis bewähren. So räumte das Stadtoberhaupt ein, dass Arbeiten am Schreibtisch bei einer Raumtemperatur von 19 Grad nach einer Weile durchaus ungemütlich werde, wie er bei einem Selbstversuch erfahren habe.
Dr. Thilo Rose von der CDU machte klar, dass der Antrag seiner Fraktion darauf gezielt habe, Bewusstsein zu schaffen. Die Verwaltung habe auf jeden Fall mit gutem Beispiel voranzugehen. Um einigermaßen auf einen Blackout vorbereitet zu sein, müsse die Stadt vier bis fünf Notstromaggregate anschaffen. Zudem gelte es, die Angebotsseite beim Strom zu verstärken und nicht alle Atomkraftwerke abzuschalten, meinte er an die Adresse des grünen Wirtschaftsministers Robert Habeck gerichtet. Sofort ging ein Raunen durchs Rund, und besonders Sabine Bur am Orde-Käß von den Grünen als auch Anne Kenner ließen sich den Schwarzen Peter nicht zuschieben und wiesen genüsslich darauf hin, dass der Atomausstieg unter Merkel beschlossen wurde.
Der Oberbürgermeister beendete die tumultartige Situation mit dem Argument, keine energiepolitische Diskussion am Kirchheimer Ratstisch führen zu wollen. Er versprach, alles auszuloten, beispielsweise auch die Chancen, die das Thema Geothermie biete. Zudem will die Stadt weiter bei den Nutzern ansetzen und einkommensschwachen Haushalten und auch Unternehmen Hilfestellung beim Energiesparen bieten. An Schulen wurden bereits gute Erfahrungen gemacht. Große Bedeutung kommt bei öffentlichen Gebäuden auch den Hausmeistern zu: Sie haben ein Auge drauf, dass Geräte und Heizungen ausgeschaltet sind und nirgends übers Wochenende das Licht brennt.
Eckpfeiler der Energiesparmaßnahmen in Kirchheim
Die Wassertemperatur im Freibad wurde bereits im Sommer abgesenkt, das Bad in der letzten Woche sogar gar nicht mehr beheizt. In vielen öffentlichen Gebäuden gibt es künftig generell kein warmes Wasser mehr. Da sich die gefürchteten Legionellen im warmen Wasser am wohlsten fühlen, gibt es hier keinen Mittelweg: Entweder muss die Temperatur über 55 Grad Celsius betragen oder aber unter 25 Grad liegen.
In öffentlichen Gebäuden wird die Raumtemperatur gesenkt. 17 Grad Celsius sind für Sporthallen vorgesehen, also ein bis zwei Grad weniger als bisher. In Büros der Verwaltung ist eine Höchsttemperatur von 19 Grad vorgesehen, Flure und Toiletten bleiben unbeheizt. Sporthallen, die in den Ferien nicht belegt sind, sollen über Weihnachten und Neujahr komplett geschlossen werden.
Bei der Straßenbeleuchtung werden die bisherigen Abschaltzeiten von über 1600 konventionellen Leuchten verlängert. Sie sind jetzt nicht nur von 23 bis 5 Uhr aus, sondern von 21 bis 6 Uhr. Die Umrüstung auf energiesparende LED-Leuchten hat einen Stand von 46 Prozent erreicht und wird fortgesetzt. Fassaden und Giebelbeleuchtungen fallen weg, auch privaten Betreibern wird dieses Vorgehen nahegelegt.
Für einkommensschwache Haushalte soll demnächst ein Programm aufgelegt werden. Geplant ist, diese Gruppe gezielt anzusprechen, zu informieren und über Energiesparmöglichkeiten zu beraten. Eventuell können auch Stromschlucker unter den Elektrogeräten ausgetauscht werden. Ein weiteres Projekt heißt „KLIMAfit“ und richtet sich ab Oktober an Unternehmen. ist