Kirchheim. Kultur ist kein Luxus, sondern Lebenselixier. Genau deswegen hat es sich der Kirchheimer Literaturbeirat zur Aufgabe gemacht, „das Bewusstsein für die kulturelle Bedeutung der Region zu stärken“. Das sagte die Sprecherin des Literaturbeirats, Renate Treuherz, in ihrem Tätigkeitsbericht vor dem Ausschuss für Bildung, Soziales und Bürgerdienste. In gewisser Weise ist dieser Bericht ihr Vermächtnis, denn Renate Treuherz verabschiedete sich zugleich als Mitglied des Literaturbeirats, den sie seit 2004 als Sprecherin vertrat.
Die Hauptaufgabe des Literaturbeirats besteht darin, Lesungen und Exkursionen zu organisieren. Dabei geht es um „Lokalmatadoren“ wie Max Eyth oder Eduard Mörike - wie auch um Dichter, die weniger stark in Kirchheim verwurzelt waren, aber dennoch einen Bezug zur „Kastanienstadt“ hatten. Zu Letzteren zählt Hermann Hesse, der sich in jungen Jahren in der Kirchheimer „Krone“ in „Lulu“ verliebt hatte, ebenso wie Hans Bethge, dessen Texte Gustav Mahler in seinem „Lied von der Erde“ vertont hat. Bethge war kurz vor seinem Tod nach Kirchheim gezogen und liegt auf dem Alten Friedhof begraben.
Zwei wichtige Veranstaltungen des Literaturbeirats haben sich im Kirchheimer Veranstaltungskalender fest etabliert: der Literarische Weihnachtsmarkt seit 1998 und das Gedenken an den Jahrestag der Bücherverbrennungen vom 10. Mai 1933. Seit 2004 gibt es dazu in Kirchheim eine jährliche Lesung.
Renate Treuherz nutzte ihr Rederecht im Ausschuss auch dazu, um auf das Raumproblem aufmerksam zu machen: „Unsere Besucherzahlen schwanken zwischen 20 und 80 oder gar 100. Im Max-Eyth-Haus haben wir aber aus Brandschutzgründen nur noch maximal 40 Plätze.“ Ausweichmöglichkeiten gebe es im ersten Obergeschoss des Kornhauses oder in der Stadtbücherei.
Auch von ihrem „Traum“ berichtete Renate Treuherz in der Ausschusssitzung: „Wir hätten gerne ein modern ausgestattetes Museum im Max-Eyth-Haus - mit Möglichkeiten zum Selbstrecherchieren.“ Auch im Marbacher Literaturarchiv werde das als wünschenswert für Kirchheim erachtet. Die Bibliothek des Literaturbeirats, die im Stadtarchiv untergebracht ist, bringt es immerhin auf mehr als 2 500 Bände.
Zur Grundbedeutung von Kultur zitierte Renate Treuherz abschließend den Dirigenten Kent Nagano: „Kultur ist Menschenrecht und führt das Individuum aus der Herrschaft der Notwendigkeit in die Sphäre der Freiheit. Teilhabe an den Künsten macht den Menschen mündig und schützt ihn vor Unterdrückung, sichert den Frieden und gibt ihm die Kraft zum Überleben. Wir erfahren immer wieder, wie die Kultur unserem Leben viel mehr gibt als materieller Reichtum.“ Andreas Volz