Im Museum gibt es nur langweilige alte Sachen, die höchstens als Staubfänger taugen? Das ist ein weitverbreitetes Vorurteil. Es hat möglicherweise damit zu tun, dass man im Museum lange genug „nur mit den Augen gucken“ durfte und außerdem ruhig sein musste, um die anderen Museumsbesucher beim Lesen der - oftmals überlangen - Informationstexte nicht zu stören.
Ganz andere Methoden sind bei der Museumspädagogik im Schwang: Hier dürfen die Kinder anfassen und damit tatsächlich „be-greifen“, worum es da eigentlich geht. Sie können zum Werkzeug greifen und nach Herzenslust hämmern, sägen, weben, basteln, malen. Sie sollen möglichst nahe an die Lebenswirklichkeit ihrer Vorfahren herangeführt werden - seien es nun vergleichsweise nahe Vorfahren wie mittelalterliche Ritter und Bogenschützen oder sehr weit entfernte Vorfahren wie Menschen aus der Altsteinzeit, die mit „steinzeitlichen Methoden“ ein Feuer entfachen mussten.
Die Kirchheimer Museumspädagogik hat für das laufende Jahr wieder ein umfassendes Angebot erarbeitet, das außerdem auch auf Römer, Kelten und Alamannen eingeht. Bewaffnung spielt dabei eine Rolle, etwa beim Bau eines Bogens oder eines Ritterschwerts. Nicht zu vergessen ist die Verteidigung, denn außer einem Schwert braucht ein richtiger Ritter auch einen standesgemäßen Schild.
Weitaus friedlicher geht es bei verschiedenen historischen Kulturtechniken zu: beim Herstellen einer römischen Schreibtafel aus Wachs oder beim Kneten einer Kerze aus Bienenwachs, wie es beispielsweise die Alamannen einst gemacht haben. Schmuck und Kleidung aus der Keltenzeit gehören ebenfalls zum Repertoire des Kirchheimer Arbeitskreises Museumspädagogik - oder auch uralte Musikinstrumente wie Flöten aus Holunderholz oder aus kleinen Vogelknochen.
Selbst Kulturtechniken, die noch im 20. Jahrhundert überall in der Gegend verbreitet waren, greifen die Museumspädagogen auf: an Gründonnerstag mit dem Ostereierfärben unter den Kornhausarkaden und Ende Oktober am selben Ort mit dem Rübengeisterschnitzen. Zu letzterem sagt Karl-Heinz Buck vom Arbeitskreis: „Mit den Rübengeistern wollen wir ganz bewusst weg vom amerikanischen Halloween.“ Genau deshalb werden Rüben verarbeitet und keine Kürbisse - obwohl es immer schwieriger wird, das Rohmaterial zu bekommen: „Unsere Museumspädagogin Heidi Schubert hat noch einen Bauern gefunden, der Futterrüben anbaut.“
Karl-Heinz Buck kündigt für dieses Jahr sogar ein Novum an: „Am 10. März haben wir erstmals einen Kurs für Jugendliche und Erwachsene: Wir versuchen, aus Mammutelfenbein einen kleinen Löwenkopf nachzuschnitzen.“
Ansonsten begleitet die Museumspädagogik - wo immer möglich - den Jahresablauf im Kornhaus. Dazu gehören Aktionen zur Ausstellung „Steinzeitdorf und Keltengold“, bei der ab 27. April die aktuellen Funde vom Kirchheimer Hegelesberg präsentiert werden. Und auch am 3. Oktober ist die Museumspädagogik wieder vor dem Kornhaus aktiv: Beim jährlichen Museumsfest im Rahmen der goldenen Oktobertage.
Mit dem Ausweichquartier in der Jesinger Schule sind die Museumspädagogen mehr als zufrieden: „Da haben wir einen tollen Raum bekommen“, sagt Karl-Heinz Buck und schwärmt geradezu vom dazugehörigen Außengelände, das teilweise auch überdacht ist. Die Aktionen in den Sommerferien sind dadurch gesichert. - Und das Museum selbst? Museumsleiterin Stefanie Schwarzenbek stellt die Wiedereröffnung der Dauerausstellung im sanierten Kornhaus für 2022 in Aussicht.