Der eigenen Kreativität einfach freien Lauf lassen und dynamisch ins künstlerische Tun eintauchen – gerne auch mit vollem Körpereinsatz: Wem danach der Sinn stand, der oder die konnte beim „action painting“ mit der freischaffenden Künstlerin Romana Meissner auf dem Kirchheimer Marktplatz sein eigenes kreatives Potenzial erkunden.
Beim action painting wird die Farbe ganz unmittelbar auf die Leinwand geschüttet, getropft oder gespritzt. Und auch wenn der Pinsel zum Einsatz kommt, gibt es keine Vorgaben bezüglich Komposition oder technischer Handhabung. Denn action painting bezieht seine Kraft aus dem spontanen, gänzlich unverkopften Zugriff. „Ich nenne es Kunst erfahrbar machen – und zwar für jedermann“, sagt Romana Meissner, die auf dem Kirchheimer Marktplatz diverse Malgründe und Utensilien als Einladung zum Mitmachen vorbereitet hat.
Eine große Leinwand in der Mitte soll zum gemeinsamen Kunstwerk aller Akteure zusammenwachsen.
Bieten Museen und Galerien meist nur Gelegenheit, das vollendete Kunstwerk zu betrachten, geht die Reutlinger Künstlerin mit ihrem Mitmachevent gezielt niederschwellig vor. „Es ist mir wichtig, mit der Kunst rauszugehen“, betont sie. Das öffentliche action painting soll jeder und jedem die Möglichkeit bieten, aktiv an der Entstehung von Kunst mitzuwirken. Auch vorhandene Hemmschwellen will Meissner überwinden. Viele Menschen schätzen sich als künstlerisch unbegabt ein. Gegen solche anerzogenen Selbstbilder möchte Romana Meissner die befreiende Kraft der Selbsterfahrung setzen. „Wir sollten uns nicht mehr sagen lassen, was richtig oder schön ist“, meint die international tätige Malerin.
Stattdessen gelte es, wieder ins Spielerische hinein zu kommen meint sie. Im action painting könne man sich neu kennenlernen und fragen: „Was macht das mit mir, wenn ich einfach mal ins Tun komme?“. Und auch berühmte Vorbilder wie Jackson Pollock oder Hermann Nitsch können dazu mit ihrem unkonventionellen Ansatz nur ermutigen. Offenheit und Freude am Experiment war also gefragt.
Kein Wunder, dass es zunächst die jungen Akteure waren, die den Malgrund auf dem sonnigen Marktplatz stürmten und mit künstlerischen Spuren belegten. Doch auch die Erwachsenen ließen sich bald nicht mehr bitten, was das öffentliche action painting rasch zum generationsübergreifenden Ereignis machte. Nicht wenige der Beteiligten äußerten den Wunsch nach Wiederholung des Events. Das im Zuge des action paintings entstandene Gemeinschaftskunstwerk ist ab Mitte dieser Woche im Kiosk an der Lauterbrücke ausgestellt.
Info Romana Meissner wurde 1962 in der Tschoslowakei geboren und emigrierte 1970 nach Deutschland. Von 1982 bis 1989 absolvierte sie ein Studium in Anglistik und katholische Theologie an den Universitäten Tübingen und Bangor (Wales). 1989 bis 1993 arbeitete sie als Journalistin für Hörfunk und Zeitung. Seit 1992 beschäftigt sie sich mit bildender Kunst. Von 1993 bis 2000 unterrichtete sie an Schulen, seit 2000 ist Meissner freischaffende Künstlerin mit regelmäßigen Ausstellungen im In- und Ausland seit 2015.