Kirchheim
Leben Spaziergänger gefährlich?

Wald Jetzt sollten Wanderer die Schilder besonders beachten. Peta stuft Drückjagdsaison als gefährlich ein. Doch Jäger in der Region geben Entwarnung. Von Katharina Daiss

Viele Spaziergänger nehmen Jäger im Wald gar nicht wahr. Den Jäger hingegen ist nicht entgangen, dass dort, wo Revier und Wanderweg sich kreuzen, in diesem Jahr viel los ist.

Dass seit Ausbruch der Corona-­Pandemie mehr Menschen in Wald und Wiesen sind, kann Lennart Leuze nur bestätigen. „Nicht nur Wandern, auch E-Bikes scheinen wahnsinnig im Trend zu liegen“, berichtet der Owener Jäger. So viel Betrieb hat er in den vergangenen zehn Jahren noch nicht erlebt. Vor allem werktags scheinen mehr Menschen die Natur zu genießen. „Besonders während des ersten Lockdowns war es schon auffällig, dass ganze Familien plötzlich Montag oder Dienstag vormittags auf den Wanderwegen unterwegs waren“, berichtet der junge Jäger.

Lennart Leuze gefällt es, dass die Natur sich so großer Beliebtheit erfreut: „Es ist schön zu sehen, dass die Menschen die Natur zu schätzen wissen.“ Seitdem kommt er auch öfter ins Gespräch mit den Ausflüglern. Oft wird dann gefragt, was die Aufgaben eines Jägers seien. Lennart Leuze kann das Interesse verstehen: „Wir sind ja meistens zu Unzeiten im Wald - und dann auch noch abseits der Wege. Da wird man nun mal selten beobachtet.“

In den kommenden Monaten wird sich das ändern. Denn die Drückjagdsaison ist bereits voll im Gange. Diese Gesellschaftsjagden werden vorrangig vormittags durchgeführt. Die Tierrechtsorganisation Peta rät Spaziergängern und Anwohnern darum zu erhöhter Vorsicht und empfiehlt, Jagdgebiete zu meiden sowie auf Warn- und Hinweisschilder zu achten. Der Vorwurf der ­Tierrechtsorganisation lautet: „Jäger gefährden Passanten und stören die öffentliche Sicherheit durch fahrlässiges Handeln.“ Nadja Michler, die Fachreferentin für Wildtiere bei Peta, führt dazu aus: „Immer wieder ereignen sich Vorfälle, bei denen Fehlschüsse oder Querschläger Menschen und Tiere verletzen oder gar töten, Gewehrkugeln in Häuser einschlagen oder Spaziergänger plötzlich unter Beschuss geraten.“

Riskieren Naturliebhaber tatsächlich, beim idyllischen Spaziergang von einer Gewehrkugel getroffen zu werden? „Von den Jägern geht für Wanderer und andere Naturgenießer natürlich keine Gefahr aus“, beruhigt der Kirchheimer Kreisjägermeister German Kälberer. Er hält den Ansatz, auf Warn- und Hinweisschilder zu achten, grundsätzlich für richtig, damit die Leute wissen, worauf sie sich einlassen. „Bei einer Drückjagd fliegen keine Kugeln unkontrolliert umher. Allerdings kann es nicht ungefährlich sein, wenn Hunde und flüchtendes Wild im Spiel ist“, sagt er. Der Jäger stellt klar: „Wenn wir mit einem Schild oder Absperrbändern über eine Drückjagd informieren, verbieten wir natürlich niemandem den Wald. Man sollte aber trotzdem überlegen, ob ausgerechnet dieses Waldstück für die kommenden Stunden unbedingt das Ausflugsziel sein muss.“

Peta merkt hingegen an, dass sich in diesem Jahr bereits acht Zwischenfälle in Deutschland ereigneten. Sieben Personen wurden verletzt, ein Mensch starb. Die Tierrechtsorganisation lässt auch nicht unerwähnt, dass auch ein Esel und ein Pferd durch Jägerhand zu Tode kamen. „Solche Unfälle sind extrem selten. Das zeigt sich auch in der großen Medienpräsenz, wenn mal etwas passiert“, entgegnet der Kreisjägermeister.

In der Ausbildung zum Jäger nimmt die Schießprüfung einen großen Raum ein. Nur fähige Schützen bestehen sie. Doch selbst wer die Prüfung gemeistert hat, muss seine Fähigkeiten auch in Zukunft zeigen. Jäger, die an Drückjagden teilnehmen wollen, müssen durch einen jährlichen Schießnachweis beweisen, dass sie an der Waffe in Übung bleiben. „Während der Jagd wird auch auf nichts gezielt, das nicht eindeutig als Wild identifiziert wurde. Während der Drückjagd haben wir Treiber und Hunde im Geschehen. Es wäre völlig verrückt, da auf einen raschelnden Busch oder einen dunklen Fleck zu schießen“, stellt German Kälberer klar.

Info: In Deutschland werden pro Jahr circa eine Million Rehe, 600 000 Wildschweine sowie 80 000 Stück Rotwild erlegt.