Kirchheim
Leergutmusiker blasen und klimpern

Konzert Europas Flaschenmusik-Marktführer „GlasBlasSing“ sorgten in der Freien Waldorfschule Ötlingen mit genialem Recycling für eine neue Art von Musik mit viel Witz und Verve. Von Sabine Ackermann

Die Idee ist irgendwie schräg: Aus unterschiedlichen Glas- oder Kunststoffbehältern werden Piccolo-Flöte, Wasserspender-Jazz-Bass, Fender-Saiten-Flaschen-Gitarre, ein Stand-Schlagzeug aus einem Wasserspender oder ein Flachmanninoff-Xylofon aus 18 Jägermeisterfläschchen zum Mehrweg-Instrumentarium. Dessen nicht genug: Am Schluss kamen noch Drucksprühflaschen sowie halbe Bierkästen zum Einsatz.

Mittels kollektivem Pusten und Blasen, Klappern und Klimpern, Kloppen und Poppen, Schlagen und Schütteln verwandelten Andreas „Endie“ Lubert, der als Sprecher, Sänger und an der Ukulele fungierte, sein Bruder Jan „Fritze“, Frank Wegner und David „Möhre“ Möhring altes Leer- in wohlklingendes Liedgut. Wie kam es dazu? In launiger Runde wurde einst beim Feiern der melodische Klang aus diversen Flaschenöffnungen entdeckt - die Begierde zum Flaschenblasen war geboren.

Eigentlich eine „Schnapsidee“

Aufopfernd stellten die Musiker unter großer Inanspruchnahme ihrer Kehlen ein umfangreiches „Orchester“ aus diversen Flüssigkeitsgefäßen zusammen und bilden seitdem, was Können und Humor betrifft, eine harmonische Einheit. „Flaschmob“ heißt das neue Programm, bei dem „GlasBlasSing“ nach dem Motto „keine Macht den Dosen“ alles frisch zubereitet, ploppt und bläst - einzige kleine Helferlein: ein Loop-Gerät für die Wiederholungen und eine Ukulele.

Mit bis zu sechs Flaschen in der Hand wird bekanntes Liedgut erzeugt. Dabei wechseln sich vertraute Lieder mit eigenen Text- und Klangkompositionen ab. So wird aus dem Amy-Winehouse-Klassiker „Valerie“ das Lied: „Warum ausgerechnet Sellerie“. Schallendes Gelächter der Zuschauer, als das Gemüse zum Aphrodisiakum avanciert. Mit unfassbarem „Accelerando“ und ihrer perfekt in die Flaschenöffnung passenden Daumengröße führten Fritze und Endie das russische Volkslied „Korobeiniki“ vor, bekannt auch als „Tetris-Melodie“. Danach heißt es: „Nimm das „r“ aus Schwerin, und dann weißt du was du bist. Streich das „B“ aus dem Barsch, und du weißt, wo du mich küsst. Tausch das „M“ in der Miete mit nem „N“ und mach dir klar, dass ne größere als du noch nie auf der Erde war“ - und das Publikum kriegte sich nicht mehr ein vor Lachen.

Zwischendurch kurz mal das Metronom auf 192 Beets per Minute (BPM) eingestellt - und schon bewies Möhre bei Mozarts „Rondo Alla Turca“ auf dem Flachmanninoff-Xylofon eine eindrucksvoll präzise Schnelligkeit, die einen staunen ließ. Schnell wurde klar: Die Kunst steckt in der Auswahl der richtigen Flasche, um einen gewünschten Ton zu erzeugen. Jede Buddel liefert, abhängig von ihrem Flüssigkeits-Füllstand, nur genau einen Ton - und genau so werden die weißen, grünen oder braunen Flüssigkeitsbehälter gestimmt: Mit jedem Milliliter Wasser wird der Ton heller.

Ausverkauft, freute sich zu Beginn der Geschäftsführer der Waldorfschule, Werner Ehringfeld. Da die Veranstaltung allerdings keinen Eintritt kostete, bat er die Besucher, „tüchtig bei den Getränken und belegten Brötchen zuzulangen“. Das allgemeine Fazit am Schluss: Ein einmaliger Abend, alle vier sind sympathische Vollblutmusiker und Komiker mit einem herausragenden Talent.