Wenn es draußen fröstelt und sich die Sonne nur selten zeigt, mag das ein perfekter Anlass sein, um es sich mal wieder mit einem guten Buch auf dem Sofa gemütlich zu machen und in fremde Welten einzutauchen. Zahlreiche Neuerscheinungen gab es in diesem Jahr zu entdecken, die viel Lesevergnügen versprechen und auch als Geschenk unter dem Baum einiges hermachen.
Um Kirchheimer Leseratten die Qual der Wahl zu erleichtern, haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Buchhandlung Zimmermann ihre persönlichen Lieblinge präsentiert.
Zwischen Idylle und Chaos
Besonders angetan hat es Mitarbeiterin Martina Krämer Peter Huths Roman „Der Honigmann“. Die Geschichte spielt in Fischbach, einem kleinen Örtchen vor den Toren Berlins. Auf den ersten Blick handelt es sich bei Fischbach um ein malerisches Fleckchen Erde, das im Wesentlichen von großstadtmüden, aufgeklärten und toleranten Mittelschicht-Familien bevölkert wird. Auch Tim und Fine haben sich dort ein angenehmes Leben gemeinsam mit ihrer Tochter aufgebaut.
Anfänglich freuen sich Fischbachs Anwohner, als ein kleiner Laden eröffnet, dessen freundlicher, älterer Besitzer Kleinigkeiten wie Dekoartikel, Tee, Duftkerzen und Honig verkauft. Sie nennen ihn liebevoll den „Honigmann“. Die Idylle wird jedoch gestört, als ein übles Gerücht über den Honigmann beginnt, die Runde zu machen. Fronten bilden sich, das soziale Gefüge kommt ins Wanken, und „Fischbach steht kurz vor dem großen Knall“.
Martina Krämer lobt Peter Huth für seine „grandiose“ Zeichnung der Figuren und der vermeintlichen Idylle im Dorf: „Was mit den Familien und dem Honigmann passiert und was so ein Gerücht anrichten kann, ist so spannend und erschreckend wie ein Krimi und leider beim genauen Hinsehen nicht so weit von der Realität entfernt“, so Krämer. Es sei ein wirklich gelungener Roman, der nachdenklich mache und ein außergewöhnlicher Spiegel der Gesellschaft sei.
Eine Zeitreise ins alte Stuttgart
Apropos Krimi: Aus diesem Genre hat Mitarbeiterin Tina Meixner den Roman „Hotel Silber – neue Zeit, alte Schuld“ von Kai Bliesener mitgebracht. Die Geschichte spielt sich unmittelbar nach Kriegsende in der Landeshauptstadt Stuttgart ab. Im Auftrag der Alliierten soll der Polizeibeamte Paul Kramer dabei helfen, eine neue Kriminalpolizei aufzubauen, und das ausgerechnet im Hotel Silber – dort, wo Kramer bis vor Kurzem noch von der Gestapo gefoltert wurde. Nicht nur, dass die Nazi-Ideologie, Hass und Antisemitismus in den Köpfen vieler Menschen weiterleben, auch alte Verbrechen müssen aufgeklärt werden. Dazu zählt etwa der Fall Vera Wallner, die kurz vor der Befreiung im Hotel Silber ermordet wurde. Lange dauert es nicht, bevor der junge Polizist zwischen die Fronten gerät.
Mit dem wirklich existierenden Hotel Silber habe Kai Bliesener einen der wenigen authentischen Orte als Schauplatz gewählt, anhand dessen ein dunkles Kapitel der Stadtgeschichte erzählt werden könne, meint Tina Meixner. Es handle sich bei dem Buch um einen „ebenso spannenden wie gut recherchierten und atmosphärischen Krimi“, der insbesondere in Anbetracht des aktuellen Rechtsrucks in Deutschland eine sehr lesenswerte Geschichte sei.
Ein neuer Blick auf Demenz
Zu den Büchern, die Sibylle Mockler, Leiterin der Buchhandlung, ihren Kunden ans Herz legen will, zählt Petra Pellinis „Der Bademeister ohne Himmel“. Der Roman begleitet die 15-jährige Linda, „die mitten in der Pubertät“ und „in einer tiefen Sinnkrise“ steckt.
Abgesehen von ihrem Schulfreund Kevin gibt es nur einen, der sie von ihren düsteren Gedanken abbringt: ihr 86-jähriger Nachbar Hubert, ein pensionierter Bademeister, der an Demenz erkrankt und daher auf Pflege angewiesen ist. Linda verbringt regelmäßig Zeit mit Hubert und unterbricht sein geistiges Weggleiten durch kreative und witzige Spiel- oder Gesprächsangebote.
In ihrem Roman hat sich die Autorin Petra Pellini von ihren eigenen Erfahrungen aus der jahrelangen Arbeit mit Demenzkranken inspirieren lassen. Sybille Mockler spricht von einer „Geschichte mit Nachhall“, die viele Ideen für den Umgang mit dementen Menschen liefert und die Wahrnehmung für dieses wichtige Thema schärft. Der Krankheit werde in vielen Momenten die Schwere genommen, so Mockler: „Man liest den Roman mit einem lachenden und einem weinenden Auge.“
Ganz besonders möchte Sibylle Mockler darauf hinweisen, dass die Autorin Petra Pellini im April in der Buchhandlung zu Besuch sein und über ihren Roman sprechen wird. Der genaue Termin wird noch bekannt gegeben.
Außerdem wurden folgende Bücher vorgestellt
Zum Lesen schön
„Am Himmel die Flüsse“ von Elif Shafak
„Demon Copperhead“ von Barbara Kingsolver
„Die Stunde der Mauersegler“ von Margarethe Adler
„Die Villa der Architektin“ von Malania G. Mazzucco
„Mein drittes Leben“ von Daniela Krien
„Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“ von Saša Stanišić
„Sing, wilder Vogel, sing“ von Jacqueline O’Mahony
„Tiere, vor denen man Angst haben muss“ von Alina Herbing
„Wir werden jung sein“ von Maxim Leo
Krimis
„Die Stunde des Löwen“ von Deon Meyer
„Seltsame Sally Diamond“ von Liz Nugent
Fantasy
„Ich fürchte, Ihr habt Drachen“ von Peter S. Beagle
Sachbücher
„Eine Geschichte des Römischen Reiches in 21 Frauen“ von Emma Southon
„Die Achse der Autokraten“ von Anne Applebaum
„Die Entscheidung“ von Jens Bisky
„Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk
„Gebt mir etwas Zeit“ von Hape Kerkeling
„Gleise, die die Welt bedeuten“ von Jaroslav Rudis
„Nexus“ von Yuval Noah Harari
„Schicksalsstunden einer Demokratie“ von Volker Ullrich
Kochen
„Comfort“ von Yotam Ottolenghi

