Kirchheim
Lesung in Kirchheim: Wie die Klimakrise auf die Freiheit wirkt

Buchvorstellung Der Journalist Jonas Schaible sieht durch den Klimawandel die Demokratie gefährdet. In Kirchheim erläuterte er, dass nur eine wehrhafte Klimademokratie diese Entwicklung aufhalten kann. Von Andreas Kaier

Jonas Schaible ist Redakteur des Spiegel-Hauptstadtbüros. In Kirchheim hat er sein Buch vorgestellt. Foto: Andreas Kaier

Für Jonas Schaible ist klar: Die Klimakrise hat nicht nur apokalyptische Folgen für die Natur. Sie gefährdet in zunehmendem Maße auch Demokratien westlicher Prägung und stärkt autokratische Systeme. In seinem Buch „Demokratie im Feuer“ zeigt er auf, warum die Freiheit nur dann gerettet werden kann, wenn es gelingt, den Klimawandel aufzuhalten.

 

Nur wenn wir das Klima retten,
retten wir die Demokratie.
Jonas Schaible
 

Der Autor hat Politik- und Medienwissenschaften in Tübingen studiert, die Henri-Nannen-Schule in Hamburg absolviert und ist seit Dezember 2019 Redakteur im Spiegel-Hauptstadtbüro in Berlin. Auf Einladung der Buchhandlung Zimmermann und des Evangelischen Bildungswerks war er zu Gast in der Auferstehungskirche in Kirchheim. Dort stellte der 35-Jährige im Rahmen der Kirchheimer Klimatage sein Buch „Demokratie im Feuer“ vor und diskutierte im Anschluss mit den etwa 80 Besucherinnen und Besuchern. Sein Credo: „Nur wenn wir das Klima retten, retten wir die Demokratie“. Die Klimakrise sei vor allem eine Krise der Freiheit, was sie so gefährlich mache. „Zwar nickt jeder bei dieser Aussage, doch wenn das wirklich allen klar wäre, würden wir andere politische Diskussionen führen“, sagte er.

Seine Logik: Die negativen Folgen der ständig wiederkehrenden Klimaschocks und –krisen, wie beispielsweise Dürren, Hitzewellen und Überschwemmungen, bringen alle Systeme unter Stress, bis hin zum politischen System. Weil die Staaten sehr viel Geld und andere Ressourcen in die Bewältigung dieser Krisen stecken müssten, bliebe kaum mehr Geld und Zeit für andere Programme übrig. Zunehmende Sachzwänge würden schließlich die individuelle Freiheit des Einzelnen gefährden. „Das ist die grundlegende Bedrohung für liberale Gesellschaften wie die unsere“, sagte Schaible. Nicht verwundert zeigte er sich darüber, dass Klimaleugner vor allem im rechten Spektrum der Parteienlandschaft zu finden sind. „Gerade die extreme Rechte profitiert davon, wenn das System instabil wird“, sagte er während der von Thomas Meyer-Weithofer, beim Evangelischen Bildungswerk für die Erwachsenenbildung zuständig, moderierten Veranstaltung.

Wehrhafte Klimademokratie

Dieser bedrohlichen Entwicklung setzt Jonas Schaible die Idee einer „wehrhaften Klimademokratie“ entgegen, denn das Klima könne nur mit demokratischen Mitteln gerettet werden. Er geht sogar noch einen Schritt weiter, wenn er sagt: „Klima und Demokratie bedingen sich gegenseitig“. Nur wenn es gelinge das Klima zu retten, könne auch die Demokratie gerettet werden und umgekehrt. Gefragt, wie eine Klimademokratie konkret aussehen könne, wurde er nachdenklich. „Es wäre gelogen zu sagen, ich weiß genau, wie die aussieht“, räumte er in der Auferstehungskirche ein, nannte aber dann doch ein paar Eckpfeiler.

So ist es für Schaible beispielsweise denkbar und notwendig, den Klimaschutz in bestimmten Gesetzen zu verankern, idealerweise auch im Grundgesetz. Er mahnt Reformen an, „damit Klimaschutz passiert und nicht immer neu erkämpft werden muss“. Es gehe darum, das Thema ins System zu holen. Natürlich müsse dafür auch viel Geld ausgegeben werden. „Klimaschutz kostet, aber kein Klimaschutz kostet mehr“, sagte er. Ein weiterer Vorschlag nimmt die Weltbank ins Visier. Die soll möglichst nur noch Geld in Projekte fließen lassen, die dem Klima nicht schaden. „Niemand hat gesagt, dass das alles leicht wird. Aber wenn alle so weitermachen wie bisher, dann haben wir ein Problem“, sagte Schaible.