Kirchheim
Luftiges Mehrfamilienhaus

Engagement Der gelernte Zimmermann Christian Schiller entwirft und baut ein Schwalbenhaus. Im Frühjahr wird die Vogel-Villa auf dem Dorfplatz in Lindorf auf einen hohen Pfosten montiert. Von Iris Häfner

Ein Keller in Lindorf birgt einen Schatz, der bald an zentraler Stelle des Kirchheimer Ortsteils zu bewundern ist: das künftige Schwalbenhaus. Die Begeisterung von Stefan Würtele - bis vor Kurzem Ortsvorsteher von „Klein-Paris“ - für die geflügelten Glücksboten ist auf den 22-jährigen Christian Schiller übergesprungen. Der gelernte Zimmermann und jetzige Student im Bauingenieurwesen in Stuttgart hat sich aufgrund eines Artikels im Teckboten entschlossen, die imposante Brutstätte für die Schwalben zu konstruieren und zu bauen. Weil immer mehr alte Bauernhäuser abgebrochen und damit viele Nester für die Vögel unwiederbringlich mit zerstört werden, nimmt ihr Bestand auch deshalb kontinuierlich ab. Dem wollte Stefan Würtele entgegenwirken und startete tatkräftig eine Charmeoffensive für die Tiere. Er brachte nicht nur eigenhändig Nester ans alte Lindorfer Rathaus an, sondern warb mit Erfolg neue Gastgeber für die Schwalben an. Neue Kunstnester prangen seit vergangenem Jahr an einigen Häusern.

Holz statt Stahl

Dem setzt Christian Schiller gewaltig noch eins drauf. Mit einem einzigen Doppelnest will er sich nicht begnügen, sondern gleich einer ganzen Kolonie auf dem Dorfplatz ein attraktives Zuhause bieten. „Das ist wichtig für die Schwalben, weil die alten Häuser immer weniger werden. Es gibt eine gewisse Wohnungsnot“, sagt er. Deshalb ist er zu Stefan Würtele gegangen und hat sich Unterlagen über Schwalbenhäuser besorgt. „Die waren alle aus Stahl, aber mir war klar: Ich mache das aus Holz“, erzählt der Zimmermann. Die Werkstatt im elterlichen Haus ist dafür bestens ausgerüstet, zumal Christian Schiller immer wieder den Bestand an Maschinen und Werkzeugen erweitert. Regelmäßiger Gast im Keller ist Vater Christoph Schiller, der die Materialkosten übernommen hat und nicht ohne Stolz auf das immer mehr Gestalt annehmende Bauwerk seines Sohns blickt. Voller Vorfreude ist auch Stefan Würtele. „Das ist eine Riesenleistung, so viele Arbeitsstunden in das Schwalbenhaus zu investieren“, erklärt er.

Christian Schiller und sein Vater Christoph präsentieren den Rohbau. Foto: Carsten Riedl

Christian Schiller und sein Vater Christoph präsentieren den Rohbau. Foto: Carsten Riedl

„Das ist ein wunderbarer Ausgleich zum Studium. Es ist erfrischend, was Handwerkliches zu machen - und ich lerne nebenbei noch was“, beschreibt Chris­tian Schiller seine Motivation. Die Maße hatte er so ungefähr im Kopf, als er die erste Skizze gemacht und sich für ein Achteck entschieden hat. Dann ging‘s an die Detailplanung mit Konstruktionszeichnungen und dem großen Aufriss im Maßstab eins zu eins. „Das ist schon eine Herausforderung“, sagt der 22-Jährige über sein ambitioniertes Projekt.

Die Hölzer hat er allesamt von seinem Ausbildungsbetrieb in Oberboihingen bezogen. Sie anzuzeichnen und anzureißen hat viel Zeit in Anspruch genommen. Ebenso das Ausarbeiten und Abgraten der Eckhölzer. Vor allem die Winkel machten die Aufgabe spannend, denn die Balken sollten schließlich akkurat zu einer Art Giebel zusammenlaufen. Die Liebe zum Holz hat Christian Schiller in einem Schulpraktikum verfestigt, schon als Kind hat er bei seinem Opa in „Holzsachen“ mitgearbeitet.

Schwalbennester Schiller Zimmermann
Schwalbennester Schiller Zimmermann
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Die Frage nach dem Standort stellte sich für keinen der Beteilig­ten: „Wir stellen das Schwalbenhaus auf dem Dorfplatz auf. Dort gibt es noch alte Häuser mit bewohnten Nestern, denn Schwalben lieben die Gesellschaft ihrer Artgenossen“, weiß Stefan Würtele. Auch an den Menschen stören sich die Vögel nicht, im Gegenteil: Als Kulturfolger fühlen sie sich in einer von Menschen geprägten Umgebung wohl. Trotzdem ist es „bissle eine Glücksache“ - wie Stefan Würtele formuliert - ob die Schwalben die neu geschaffenen Wohnungen annehmen. In Lindorf wird auf jeden Fall alles für ein herzliches Willkommen getan. Ein schöner, mehrere Meter hoher Pfosten ist ebenfalls schon organisiert, damit die Schwalben in perfekter Flughöhe ihre Nester anfliegen können. Geplant ist, ihn im März einzubetonieren und dann das luftige Häusle mit einem Kran draufzusetzen. Entwickelt sich die Station zu einer beliebten Brutstätte, bestehen problemlos Erweiterungsmöglichkeiten: Dann wird einfach der innere Kranz mit Kunstnestern bestückt.