Wer bescheinigt bekommt, nicht ganz sauber zu sein, darf das als Beleidigung auffassen. Deswegen ist es nahezu ausgeschlossen, dass sich jemand selbst so bezeichnet. Die Stadt Kirchheim beklagt nun aber genau diesen Zustand: „Die Vermüllung nimmt dramatisch zu“, sagte Oberbürgermeister Pascal Bader im Gemeinderat, als er die Kampagne „Mach mit - für ein sauberes Kirchheim“ vorstellte.
Zur Problemstellung musste er nicht allzu viele Worte verlieren: „Ich kriege immer wieder Fotos von Containerstandorten, wo jemand Altreifen oder auch Elektroschrott abgelagert hat. Da geht es dann nicht mehr nur um Ordnungswidrigkeiten, sondern fast schon um richtige Straftaten.“
Einer der Punkte, wie die Stadt der Vermüllung entgegenwirken will, sieht vor, die Verwarnungsgelder zu verdoppeln. „Dazu müssen wir das aber konsequent verfolgen, um durch Abschreckung etwas zu erreichen.“ Bei den anderen Punkten geht es weniger um die Härte des Gesetzes, sondern mehr um Aufklärung, Prävention und eine verbesserte Infrastruktur.
Pizzakartons beispielsweise sind vollkommen unpraktisch - als Müll: Sie passen allenfalls geknickt und senkrecht in einen runden Müllbehälter und verstopfen diesen schnell. Für Abhilfe könnten spezielle Behältnisse sorgen, in denen sich die Kartons platzsparend stapeln lassen. Eine ähnliche Idee ist die mit den Pfandringen: Sie werden außen an den Mülleimern angebracht, sodass Pfandflaschen dort abgestellt und problemlos wieder mitgenommen werden können. Das Prinzip klingt plausibel. In der praktischen Anwendung hat es sich bislang aber noch nirgends so richtig durchgesetzt.
Containerstandorte sollen nicht nur regelmäßiger gereinigt werden. Es geht auch darum, dass gleich gar nicht so viel Müll dort abgelagert wird. Das will die Stadt einerseits durch Aufklärung erreichen - und andererseits durch Verbotsschilder, aber auch dadurch, dass die Standorte kritisch auf ihre Tauglichkeit hin überprüft werden. Zur Aufklärung zählen Informationen über Themen wie Recycling, Upcycling oder „Mehrweg statt Einweg“ ebenso wie ein Agenda-Mobil, dass die Passanten zum Müllvermeiden aufrufen soll.
Schadensmelder - auch für Müll
Für das schnelle Beheben von Schäden jedweder Art gibt es auf der städtischen Homepage den „Schadensmelder“: Dort lassen sich schnell und unkompliziert Schadensfälle beschreiben und auch Fotos hochladen: „Das gilt nicht nur für Müll, sondern auch für Glasscherben, Schlaglöcher und generell für Störungen“, betont Oberbürgermeister Bader.
Auch den Schmierereien an Mauern sagt die Stadt den Kampf an. In diesem Fall geht es um eine ganz besondere Art der Prävention: Legales Sprayen soll dafür sorgen, dass nächtlich-illegale Sprayer die bereits besprühten Wände in Ruhe lassen, weil sie das Werk ihrer „Kollegen“ achten.
SPD-Stadtrat Andreas Kenner sprach von einer „tollen Palette an Maßnahmen“, die er gerne durch eine weitere ergänzt sähe: dass Fast-Food-Verpackungen mit der Autonummer des Kunden beschriftet werden. „Das geht aber leider nicht, aus Datenschutzgründen“, fügte er hinzu.
Florian Schepp (Freie Wähler) wollte deswegen lieber prüfen, ob man diejenigen, die diese Dinge ausgeben - beispielsweise auch Papp- oder Plastikbecher für Eis -, nicht verpflichten könne, in ihrer Umgebung die Mülleimer zu leeren. In dieselbe Kerbe hieb Max Blon (Grüne), der eine Abgabe auf Einwegverpackungen forderte - wie es das in Tübingen gibt.
Das schnelle Wegräumen von Müll begrüßte Heinrich Brinker (Linke): „Untersuchungen zeigen, dass dann nicht so schnell wieder neuer Müll hinzukommt.“ Ulrich Kreyscher (FDP/KiBü) und Natalie Pfau-Weller (CDU) wollten auch den Gemeinderat in die Pflicht nehmen - um mit gutem Beispiel voranzugehen.
Auf den finanziellen Aspekt verwies der Erste Bürgermeister Günter Riemer: „Der Baubetrieb hat 2020 insgesamt 650 Tonnen Müll entsorgt. Die Entsorgungskosten haben sich auf 108 000 Euro belaufen - ohne den Einsatz von Maschinen und Personal.“