Die Menschen drängen sich dicht an dicht und schauen fasziniert in den Himmel, den knatternden Flugzeugen hinterher, die über ihre Köpfe hinwegrauschen. Röhrende Motoren, mal mehr, mal weniger laut, sind die bestimmende Begleitmusik an diesen besonderen Tagen auf der Kirchheimer Hahnweide. Mittendrin im turbulenten Geschehen bei den Oldtimer-Fliegertreffen sind viele Helfer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).
„Das ist so, als ob man eine Stadt wie Kirchheim versorgen muss. Vom Pflästerle für ein aufgeschürftes Kinderknie über Sonnenstiche und allergische Reaktion auf Insektenstiche bis hin zum Herzinfarkt ist bei den Fliegertreffen alles drin. Für alles muss man gewappnet sein und notfalls die Patienten in die Klinik bringen“, verdeutlicht Susanne Preu, Bereitschaftsleiterin beim DRK-Ortsvereins Kirchheim, das große Einsatzspektrum. An Tagen wie diesen strömen bis zu 45 000 Besucher auf die Hahnweide. Das sind rund 5 000 Menschen mehr, als Kirchheim mit allen Teilorten Einwohner hat. Susanne Preu weiß, wovon sie spricht. Seit Jahrzehnten ist sie mit Leib und Seele im Bereitschaftsdienst, egal ob bei Fußballturnieren, Kulturveranstaltungen, Stadtfesten - oder dramatischen Einsätzen wie Bränden oder Unfällen.
Die Fliegertreffen fordern den Ehrenamtlichen ein ganzes Wochenende lang viel ab, sind aber Highlight zugleich. Bereits am Donnerstag beginnt der Dienst gegen 17 Uhr mit dem Aufbau, der bis weit in die Abendstunden reicht. Es wird eine Sanitätsstation eingerichtet. „Das ist eine kleine Notaufnahme und auch so besetzt. Es ist quasi der verlängerte Arm der Klinik“, erläutert Susanne Preu. Es ist immer ein Arzt da, eine Defibrillator gehört ebenso dazu wie die Möglichkeit zum EKG. Ein großer Raum der Fliegergruppe wird zur Krankenstation mit Feldbetten umfunktioniert. „Man kann da oben gut schaffen. Wir haben Menschen mit Sauerstoff gerettet, Gegengift bei einem Wespenstich gegeben, schlimme Reanimationen - wir haben dort oben alles schon gehabt“, erzählt sie. Auch die „entlaufenen“ Racker finden hier eine vorübergehende Heimat, bis die Eltern sie abholen. Pro Treffen sind es in der Regel zehn Kinder.
Außerdem werden donnerstags die Zelte aufgebaut und die Küche eingerichtet, denn das DRK ist auch für die Verpflegung aller Ehrenamtlichen zuständig. Bei solch einem Großereignis werden viele Helfer außerhalb der reinen „Veranstaltungsorganisaton“ für die Flieger benötigt. Im Einsatz sind Feuerwehr, DLRG, Bergwacht, Polizei und Ordnungsamt. Ganz klar, dass der Kirchheimer Ortsverein das nicht allein stemmen kann, er bekommt Unterstützung von den Kollegen aus dem Kreis. 120 Menschen sind mit Essen zu versorgen, 50 bis 60 Sanitäter im Einsatz, die Hahnweide ist Zollgebiet und die DRF Luftrettung ist auch mit von der Partie. Die DLRG „bewacht“ den benachbarten Bürgersee, denn auch dort tummeln sich mehr Menschen.
Trotz der vielen Arbeit macht den Ehrenamtlichen die Arbeit Spaß. „Es ist ein beliebter Dienst“, verrät Susanne Preu. Es gibt jede Menge Einsatzpläne, für ortsfremden Kräfte sind die Rettungswege gekennzeichnet. Der Dienstradius ist nicht nur auf die Hahnweide beschränkt, das Gebiet drumrum gehört dazu. Insbesondere der große Talwald bedarf spezieller Aufmerksamkeit. Vor dem Fliegertreffen werden sämtliche Feld- und Waldwege abgefahren, die Waldwegekarte in klar definierte Planquadrate eingeteilt, sodass bei einem möglichen Flugzeugabsturz die Rettungskräfte in dem teilweise unwegsamen Gelände die Absturzstelle schnell finden. Wichtige Lotsen-Dienste leistet hier der Hubschrauber, der aus der Luft das Flugzeug orten kann. Wie Verunglückte am besten aus Flugzeugen zu retten sind, haben die Ehrenamtlichen zudem geübt. „Es hängt viel Vorbereitung dran für die drei Tage“, erklärt Bereitschaftsleiter Thomas Haug, weshalb die Planung ein Jahr vorher beginnt. Absprachen im Vorfeld mit sämtlichen Organisationen - einschließlich Regierungspräsidium - sind unerlässlich. „Das Schöne dabei ist: Man kennt sich seit bald 40 Jahren, weiß, wie der andere tickt. So klappt das hervorragend“, sagt Georg Preu von der DRK-Bereitschaft.
An den drei Flugtagen treffen sich die Helfer um 7.30 Uhr zur großen Einsatzlagebesprechung in der Dienstwache in der Henriettenstraße. Von dort geht‘s im Verband rauf zur Hahnweide. „Sonst kommen wir nicht hoch, das ist schon die erste Hürde. Manchmal müssen wir sogar das Signal einsetzen“, sagt Georg Preu. Derweil ist das Gastro-Team schon bei der Arbeit, es gibt „Kaltverpflegung“, sprich Vesper. Die Rettungswagen nehmen ihre Station ein. Von dort pendeln die Autos zu den Erkrankten, behandeln sie ambulant im Fahrzeug oder fahren sie zur Notaufnahme. Die Lauftrupps sind flexibel unterwegs, ausgestattet mit einem Rucksack in dem alles Notwendige drin ist. Ist niemand zu versorgen, besteht die Chance, einen Blick in den Himmel werfen zu können. Am Sonntagabend ist nochmal Durchhaltevermögen gefragt, alles muss abgebaut und gesäubert werden. „Die Küche dauert am längsten“, sagt Susanne Preu. Am Montag räumen die letzten Helfer vollends alles auf.