Der Partner arbeitet in Vollzeit, die Kinder kommen um 12 Uhr vom Kindergarten, und am besten sollte genau dann schon das Mittagessen auf dem Tisch stehen - immer mehr Menschen arbeiten in Teilzeit, um Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Allen voran: Frauen. Auch die Schulen in Baden-Württemberg bleiben von diesem Phänomen nicht verschont: Laut dem Statistischen Landesamt hatten im vergangenen Schuljahr nur rund 46 Prozent der Lehrer im Land einen vollen Lehrauftrag. An den Schulen herrscht durch den Lehrermangel sowieso schon eine angespannte Atmosphäre, jetzt fehlen auch noch Vollzeit-Lehrer.
Wenig Unterricht, aber viel zu tun
„Vor allem in Grundschulen gibt es viele Teilzeitstellen, denn hier haben wir mehr weibliche Lehrkräfte“, weiß David Warneck, Kreisvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wirtschaft (GEW). Die Gründe sind unterschiedlich: Einige entscheiden sich aus familiären Gründen, weniger zu arbeiten. Andere fühlen sich dem Druck nicht gewachsen. Doch der Schein trügt: „Wer weniger unterrichtet, hat trotzdem einiges zu tun. Schließlich stehen ja immer wieder Gespräche mit Eltern an, Konferenzen oder auch andere Veranstaltungen“, gibt er zu bedenken.
Wer keine Kinder hat oder kein Familienmitglied pflegen muss, hat inzwischen schlechte Chancen, noch mit einem Teilzeitantrag durchzukommen: „Wenn jemand weniger unterrichten möchte, weil er zum Beispiel seinem Hobby nachgehen will, dann muss sein Antrag nicht unbedingt angenommen werden“, erklärt David Warneck.
Doch wie wirkt man dem Lehrermangel entgegen? „Man kann keine Teilzeitkraft dazu zwingen, Stunden aufzustocken, man kann nur darum bitten“, erklärt der Fachmann. An der Freihof-Realschule sind einige Lehrer bereit, mehr zu arbeiten, erzählt Rektor Clemens Großmann. „Und das sogar im großen Stil“, freut er sich. Der geschäftsführende Leiter der Kirchheimer Schulen kann sich vorstellen, wo die Ursache des Teilzeitproblems liegt: „Es gibt mehr junge Lehrerinnen. Männer sind in diesem Beruf eher Mangelware.“ Es entspreche nun mal der Biologie, dass Frauen noch im jungen Alter Kinder bekommen möchten - und das manchmal eben auch während des Studiums.
Wenn Lehrer ihre Stunden nicht aufstocken, sind pensionierte Lehrkräfte gefragt. Das Land greift nach jedem Strohhalm. „Im Schulamtsbezirk Nürtingen haben ein Dutzend pensionierte Lehrer einen befristeten Vertrag unterschrieben“, sagt David Warneck von der GEW. Das Land ist selbst aktiv geworden und hat sie angeschrieben. „Um das Angebot attraktiver zu machen, ist die Hinzuverdienstgrenze aufgehoben. Nur dadurch konnten wir einige Lehrkräfte gewinnen“, verrät er.
Freiwillig mehr arbeiten
„Ja, die Kirchheimer Schulen sind vom Lehrermangel betroffen, und wir Eltern merken das“, sagt Anette Beck, Vorsitzende des Gesamtelternbeirats. Trotzdem werden Problemfälle gut gelöst: „Bei Krankheitsvertretungen werden in der Regel Teilzeitkräfte eingesetzt, die zum Glück noch freiwillig mehr arbeiten.“
Und wie kann man mehr Referendare überzeugen, nach ihrem Studium eine Vollzeitstelle anzunehmen? Für Anette Beck gibt es darauf nur eine klare Antwort: „Beruf und Familie können nur gut miteinander verbunden werden, wenn die Kommune Betreuungsangebote für die Kinder der Lehrkräfte anbietet.“