Landtagswahlkampf
Manuel Hagels langer Lauf an die Regierungsspitze

Der 37-jährige Spitzenkandidat der CDU will neuer Ministerpräsident werden. Auf dem Weg zum Ziel mischte er sich beim AKB-Sponsorenlauf am Mittwoch in Kirchheim unters Läufervolk.

Gutes tun und darüber reden: Manuel Hagel und seine Kirchheimer Landtagskollegin Natalie Pfau-Weller beim Selfie für den Instagram-Kanal. Der Spitzenkandidat der CDU und seine Mitstreiterin nahmen gemeinsam am AKB-Sponsorenlauf in der Kirchheimer Fußgängerzone teil. Foto: Markus Brändli

Zu den eher seltenen Momenten im journalistischen Alltag zählen Treffen mit Spitzenpolitikern in kurzen Hosen. Das Thermometer draußen zeigt 38 Grad als Manuel Hagel am Mittwochabend gut gelaunt den Gastraum am Kirchheimer Schlossplatz betritt. Der Mann, der Baden-Württembergs neuer Ministerpräsident werden will, kommt direkt aus einer Sitzung im Stuttgarter Landtag. Kurzer Kleiderwechsel, in Shorts und Funktionsleibchen mit dem CDU-Logo auf der Brust geht es zum vereinbarten Pressegespräch. In eineinhalb Stunden heißt es: Schwitzen für die gute Sache. Der Einladung seiner Fraktionskollegin Natalie Pfau-Weller zum Sponsorenlauf des AKB durch die Kirchheimer Innenstadt ist der Frontmann der Christdemokraten gerne nachgekommen. Allerdings war das im Januar. Von Gluthitze an diesem Tag war nicht die Rede. Das Gute daran: Sehr viel heißer als heute kann der Wahlkampf kaum werden. Ob er das politische Kreuzfeuer ebenso gut vertrage? „Wer Hitze nicht verträgt, hat in der Küche nichts verloren“, kontert Hagel mit einem Satz des früheren SPD-Kanzlers Gerhard Schröder.

Es ist ein schmaler Grat, den der Mann, dem in der CDU die Zukunft gehören soll, beschreitet. 37 Jahre, Banklehre, kaum Erfahrung in der Landespolitik – als Bewerbungsprofil für das höchste Regierungsamt im Land ist das manchem zu wenig. Die Diskussion über sein Alter nervt, das merkt man rasch. Schließlich, so betont Hagel, gebe es in der Union gute Beispiele für junge Kräfte in Spitzenämtern. Hendrik Wüst wurde mit 31 Jahren Generalsekretär in Nordrhein-Westfalen. Lothar Späth war mit 40 im Schwabenalter, als er Ministerpräsident des Landes wurde.

Krisenzeiten sind CDU-Zeiten.

Manuel Hagel

 

Dass Hagel die Rolle des Landesvaters anstrebt und dieses Bild auch tatsächlich bemüht, irritiert dann doch. Wenn man selbst noch den Kinderwagen schiebe, meint der dreifache Familienvater, empfinde man diese Vorstellung durchaus als schön. Das erhoffte Erfolgsrezept, mit dem die Union in den Wahlkampf zieht, ließe sich mit zwei Worten beschreiben: jung und konservativ.

Es gibt aber auch die andere Seite des Manuel Hagel: die des Politikers, der zuhören kann. Der als langjähriger Streiter in kommunalen Gremien die Sorgen von Bürgermeistern und Landräten kennt. Der sich als Vermittler sieht zwischen Stadt und Land, zwischen Handwerkern und Akademikern. Landespolitik sei immer näher an den Kommunen als am Bund. Insofern könne es kein Mangel sein, wenn Regierungshandeln sich auf kommunalpolitische Erfahrung stütze. „Am Ende geht es um Zusammenhalt“, betont Manuel Hagel. Nur gemeinsam lasse sich das Land voranbringen.

Neun Monate sind es noch bis zur Landtagswahl am 8. März. Gemessen an aktuellen Umfragewerten scheint der Weg für eine Rückkehr der CDU an die Regierungsspitze im Land nach 14 Jahren frei. Doch neun Monate sind eine lange Zeit. Vor der Wahl 2011 lag die CDU ebenfalls lange Zeit gut im Rennen. Dann kamen Stuttgart 21 und die Nuklearkatastrophe in Fukushima. Der Rest ist bekannt. Fallstricke lauern allerorten. Manuel Hagel ist wachsam, denkt lange nach bevor er Fragen beantwortet. Wahlkampf bedeutet dünnes Eis, auch wenn der Asphalt unter den Sohlen an diesem Tag zu glühen scheint.

Wer als Juniorpartner der Grünen in der Regierungsverantwortung steht und gleichzeitig in Berlin den postulierten Wandel gestalten will, muss sich an zwei Fronten wappnen. Was das heißt, bekommt der Fraktionschef im Landtag derzeit zu spüren. Eine Senkung der Stromsteuer für alle ist eine seiner zentralen Forderungen im Wahlkampf. Doch weite Teile der Berliner CDU halten die Entlastung privater Haushalte und des Mittelstands für derzeit nicht finanzierbar. Am Tag als Hagel seine Forderung in Kirchheim wiederholt, schiebt die neue Bundesregierung im Koalitionsausschuss das Thema auf die lange Bank. Hagel bleibt nicht viel mehr als zu versichern, dass die CDU eine Lösung für dieses Problem finden werde. Und sei es wohl nur mit dem, was er an anderer Stelle als christdemokratisches Leitmotiv beschreibt: das richtige Maß an Zuversicht und Gottvertrauen. „Krisenzeiten sind CDU-Zeiten“, davon ist er überzeugt. Und die CDU kann aus seiner Sicht liefern, was das Land am dringendsten braucht: Wirtschaftskompetenz, eine umfassende Bildungsreform, Bürokratieabbau. 

Zehn Runden durch die Stadt

Die Zeit drängt. Draußen zeigt das Thermometer noch immer über 30 Grad. Inzwischen weht ein schwaches Lüftchen. Manuel Hagel bahnt sich mit seinen Mitstreitern den Weg in Richtung Marktplatz. Als man ihn im Straßencafé erkennt und ihm zuwinkt, huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Ein kurzer Plausch mit Einsatzkräften, die während des Sponsorenlaufs für Sicherheit und Wohlbefinden sorgen, dann geht es auf die Strecke.

Landtagswahlkampf ist ein Marathon. Hier sind es zehn Runden durch die Fußgängerzone, bevor es nach einer kurzen Stadtführung heim an die Donau nach Ehingen geht. Von der Atmosphäre in Kirchheim, von der Solidarität der mehr als 1800 Teilnehmer aus Vereinen, Firmen und Freundeskreisen ist der vielleicht künftige Ministerpräsident beeindruckt. Am Ende, sagt er, geht es eben doch um Zusammenhalt. 

 

Vom Filialleiter in die Landespolitik

Manuel Hagel (37) ist in Ehingen an der Donau verwurzelt. Dort, wo man – wie er sagt – die Wahl hat zwischen Fußball, Handball oder Blasmusik. Hagel ist verheiratet, Vater von drei Söhnen und mehrmals die Woche als begeisterter Läufer sportlich aktiv. In seiner Freizeit engagiert er sich in lokalen Vereinen wie der Ehinger Narrenzunft oder der historischen Bürgerwache. Manuel Hagel ist außerdem passionierter Jäger im Jagdrevier auf der Schwäbischen Alb.
Politisch erlebte Manuel Hagel einen steilen Aufstieg. Von seiner Wahl 2009 in den Ehinger Gemeinderat bis zu seinem Einzug in den Landtag dauerte es sieben Jahre. Im Mai wurde er mit 94 Prozent der Stimmen zum CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am 8. März gewählt. Hagel machte nach der mittleren Reife eine Ausbildung zum Bankkaufmann und war bis zu seinem Einstieg als Berufspolitiker Filialdirektor der Sparkasse in Ehingen.  bk