Kirchheim
Mehrwertsteuer: Geplante Erhöhung ärgert Wirte auch in Kirchheim

Wirtschaft Ende des Jahres läuft die Mehrwertsteuersenkung für Speisen in Gastronomiebetrieben aus: Das bedeutet 12 Prozent mehr ab 2024. Der Verband Dehoga befürchtet, dass viele Gaststätten aufgeben. Von Thomas Zapp

Wenn das Schnitzel statt 14,50 Euro künftig 17,30 Euro kostet, könnten viele Gäste wegbleiben – zu viele. Das befürchtet etwa Markus Hornung vom Lenninger Sulzburghof, der unter anderem in Kirchheim und in Lenningen ein Café mit Mittagstisch betreibt. Eigentlich müsste das Schnitzel noch mehr kosten, wenn die Restaurationsbetriebe ab dem 1. Januar 2024 wieder den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent zahlen müssen, statt die aktuell reduzierte Mehrwertsteuer 7 Prozent – eine Hilfsmaßnahme der Bundesregierung aus der Corona-Zeit.

Die Hotel- und Gaststättenverband Dehoga fordert schon seit Wochen von der Politik, den niedrigen Satz beizubehalten. Es ist nicht die einzige Sorge, die Gastronomen umtreibt. „Es geht ja nicht nur um die zwölf Prozent mehr“, sagt Markus Hornung. Die
 

Man hat zunehmend das Gefühl, wir Gastronomen werden nicht wertgeschätzt.
Markus Hornung vom Sulzburghof 

 

Umstellung von der EC- auf die Debit-Karte bedeutet zwei Prozent höhere Gebühren bei Kartenzahlungen, und die Erhöhung des Mindestlohns bedeute bei den Löhnen 41 Cent mehr pro Stunde. „Bei einem Betrieb mit 90 Angestellten kriegen das ja nicht nur die Küchenhilfen sondern alle. Wir wollen fair entlohnen, aber das geht nur, wenn man auch den Spielraum hat“,  betont Markus Hornung. Mit der Verteuerung der Energie- und Lebensmittelpreise kommt der Marketingchef des Landwirtschafts-, Bäckerei- und Gastrobetriebs in der Summe auf Mehrkosten von bis zu 25 Prozent. Zudem würden aktuell immer noch Rückzahlungen der Corona-Hilfen fällig. Und das Umsatzniveau sei noch nicht wieder bei 2019.

Den notwendigen Spielraum sehen anscheinend auch viele Gastronomen in Baden-Württemberg nicht mehr. „In Corona-Zeiten ist die Zahl der Betriebe von 30 000 auf 25 000 gesunken. Nach Umfragen unter Mitgliedern rechnen wir damit, dass aktuell 2000 weitere schließen werden“, sagt Daniel Ohl, Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga in Baden-Württemberg. Er warnt vor langfristigen Folgen für die Gaststättenkultur. In Baden-Württemberg geben 8,4 Prozent der Betreiber an, dass sie aufgeben müssten, wenn die Mehrwertsteuer wieder erhöht wird. Mehr als die Hälfte wissen es nicht, nur 38 Prozent wollen sicher weitermachen.

 

Reaktion bei Politikern geteilt

Doch Daniel Ohl stößt zunehmend auf offene Ohren in der Politik. Er nennt neben dem Bundeskanzler auch die kürzlich in Kirchheim aufgetretene Saskia Esken von der SPD und die CDU im Landtag. Aber der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Andreas Schwarz, hat sich zurückhaltend geäußert und darauf verwiesen, dass der Staat sparen müsse. „Dauerhaft werden wir uns die sieben Prozent auf Speisen nicht leisten können“, wird er auf der Dehoga-Seite zitiert. Auch FDP-Abgeordnete Renata Alt verwies auf die Finanzierbarkeit.

Markus Hornung wundert sich: „Man hat zunehmend das Gefühl, wir Gastronomen werden nicht wertgeschätzt.“ Sein Argument: „Andere belohnt man mit sieben Prozent“. Zu den „anderen“ zählen zum Beispiel Imbissbetriebe wie Döner-Läden oder der Lebensmitteleinzelhandel, in dem es auch Fertiggerichte gibt, aber Nachhaltigkeit eher eine untergeordnete Rolle spielt. „Wir servieren auf Porzellan, haben gutes Fleisch“, sagt er. Das müsse doch eigentlich im Sinne der Grünen sein, meint er. Dass man dadurch höhere Kosten als ein Imbissbetrieb hat, liegt für ihn auf der Hand. Im Übrigen gehöre Deutschland zu den zwei, drei EU-Ländern, die Speisen in der Gastronomie höher besteuern, in allen anderen Ländern sei es gleich niedrig.

Lässt die Bundesregierung die Sonderregelung auslaufen, wird es für Gäste in der Gastronomie also teurer werden ab dem 1. Januar. Daniel Ohl und die Dehoga werden weiter kämpfen. „Noch ist die Entscheidung offen“, sagt er und hat noch ein Argument in petto: „Wenn ein Betrieb schließt, bringt das dann auch dem Finanzminister nichts.“