Kirchheim
Mieten in Kirchheim steigen enorm

Studie Beim prozentualen Anstieg der Mietpreise liegt Kirchheim derzeit auf Platz sechs der teuersten Städte. Die Aussagekraft der Studie ist aber begrenzt. Von Andreas Volz

Ende Januar ist eine Studie des Hamburger Immobilienforschungsinstituts F + B erschienen, in der Kirchheim einen der oberen Plätze belegt, genauer gesagt: Rang 6 der 50 teuersten Städte Deutschlands. Untersucht wurde die Steigerung der Mieten bei Neuverträgen, und zwar in Städten mit mehr als 25 000 Einwohnern.

Was dieses Ranking allerdings aussagen kann und soll, ist abhängig von der jeweiligen Interpretation: Das Pendel schlägt dabei aus zwischen dem Katastrophen-Szenario steigender Mieten und der möglichen Freude darüber, dass Kirchheim nach wie vor ein attraktiver Wohnort ist. Der Teckbote hat bei zwei Organisationen nachgefragt, die sehr gegensätzliche Interessen verfolgen - beim Deutschen Mieterbund sowie bei Haus & Grund Württemberg.

Udo Casper, Vorsitzender des Mieterbunds Esslingen-Göppingen, will die Studie auf keinen Fall überbewerten: „Man muss mit diesen Daten sehr vorsichtig umgehen. Sie beziehen sich lediglich auf das vierte Quartal 2019, und aus einem einzigen Quartal lassen sich keine rechten Schlüsse ziehen.“ Die Studie verzeichne bundesweit geringere Steigerungsraten. Deswegen falle der Ausschlag in der Region Stuttgart umso höher ins Gewicht. Rund die Hälfte der 50 „teuersten Städte“ Deutschlands liegt in Baden-Württemberg.

„In der gesamten Region Stutt­gart sind hohe Mieten zu verzeichnen“, sagt Udo Casper, „und die Attraktivität Kirchheims ist nach wie vor groß, bedingt auch durch den S-Bahn-Anschluss.“ Wenn nun aber die Mieten in Kirchheim im letzten Quartal 2019 um 4,6 Prozent angestiegen sind, auf 9,80 Euro pro Quadratmeter, zeige die Studie eben nur diesen prozentualen Anstieg. Im Vergleich dazu scheint München richtig günstig zu werden, weil dort die Mieten im selben Zeitraum um 0,8 Prozent gesunken sind. Allerdings liegt der Quadratmeter in Bayerns Hauptstadt immer noch bei stolzen 16,30 Euro. Udo Casper sagt dazu: „Wo Mieten ohnehin schon sehr hoch sind, können sie prozentual auch nicht mehr so ansteigen.“

Entspannung durch Neubauten

Dennoch rechnet Udo Casper mit einer gewissen Entspannung beim Kirchheimer Mietwohnungsmarkt - sobald die vielen Bauprojekte erst einmal abgeschlossen sind. Bis es so weit ist, dürften die Mieten allerdings erst einmal weiter zulegen. Generell dürften die Neubauten nicht dazu beitragen, dass das Wohnen in Kirchheim deutlich günstiger wird.

Udo Casper denkt deswegen an gesetzliche Maßnahmen wie eine Mietpreisbremse. Auch fordert er, „den Mietwucherparagraphen des Strafgesetzbuchs wieder in Funktion zu setzen“. Es gehe darum, zu verhindern, dass Wohnen für immer mehr Haushalte unbezahlbar wird. Ohnehin sei das Thema erst ab dem Moment aufgegriffen worden, als der Wohnungsmangel im Mittelstand angekommen war.

Michael Hennrich, Kirchheimer CDU-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender von Haus & Grund Württemberg, sieht ein anderes Dilemma als Grund für die gestiegenen Mietpreise: „Man muss sich nur anschauen, wie die Kaufpreise im selben Zeitraum gestiegen sind. Die steigen immer doppelt so schnell wie die Mieten.“ In Kirchheim seien die Kaufpreise fast schon so hoch wie in Stuttgart. „Dadurch steigen dann eben auch die Mietpreise deutlich. Hinzu kommt das knappe Angebot in Kirchheim.“

Auch Michael Hennrich hofft auf Entspannung, „weil in Kirchheim ja viel gebaut wird“. Bei der Sozialbauverpflichtung zeigt er sich „offen“. Das müsse jede Kommune für sich entscheiden: „Es braucht auf jeden Fall einen gewissen Anteil an Sozialwohnungen, der gefordert und gefördert wird.“

Die Gefahr, dass beim Bauen und Vermieten irgendwann eine Blase platzen könnte, sieht Michael Hennrich nicht: „Im internationalen Vergleich ist der Wohnungsmarkt in Deutschland attraktiv - und wird es auch bleiben. Wir haben ja den Bedarf an Wohnungen, und wir haben kaum Alternativen für den Kapitalanlagemarkt.“ Um das Problem einigermaßen in den Griff zu kriegen, schlägt er vor, die Kaufpreise zu senken, beispielsweise „indem man die Vorschriften fürs Bauen entschlackt“.