Amnesty
Mit Briefen Menschen helfen

Jeden Monat werden von amnesty international drei Appellfälle vorgestellt, in denen über das Schicksal von Menschen informiert wird, die wegen ihres Eintretens für Menschenrechte verfolgt, von Hinrichtung bedroht oder einfach „verschwunden“ sind.

Symbolbild

Ai bittet darum, sich in Briefen an die Verantwortlichen für diese Menschen einzusetzen. Eine Flut von Briefen aus der ganzen Welt setzt die politisch Verantwortlichen unter Druck und bewirkt nicht selten, dass Gefangene freigelassen oder dass ihr Verfahren wieder aufgenommen wird. Die vorformulierten Briefe können im Weltladen in der Dettinger Straße abgeholt werden. Sie sind auch unter www.amnesty.de zu finden.

Zwölf Jahre Haft drohen

Owen Chow Ka-shing aus China ist ein prodemokratischer Aktivist. Er war an der Regenschirm-Bewegung 2014 und an den Protesten gegen das Auslieferungsgesetz 2019 beteiligt. Owen Chow Ka-shing gehörte zu den Angeklagten im Prozess gegen die „Hongkong 47“.

Den 47 Demokratieverfechtenden wurde vorgeworfen, sich an inoffiziellen Vorwahlen für die Wahlen zum Hongkonger Parlament (Legislativrat) im Jahr 2020 beteiligt zu haben. Die Behörden verschoben die Wahlen schließlich, weil die chinesische Zentralregierung ein neues Wahlsystem einführte, das streng prüfte, wer für ein Amt kandidieren durfte.

Owen Chow Ka-shing droht eine Gesamtstrafe von mehr als zwölf Jahren und zehn Monaten Haft, nur weil er friedlich von seinen Rechten auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit Gebrauch gemacht hat.

Keine Menschenrechtsarbeit

Waleed Abu al-Khr ist ein prominenter saudischer Menschenrechtsverteidiger, der wegen seines friedlichen Engagements seit fast elf Jahren im Gefängnis sitzt und dort wiederholt misshandelt wurde. Der Rechtsanwalt gründete 2008 die Menschenrechtsorganisation Monitor of Human Rights in Saudi Arabia und setzte sich jahrelang für demokratische Reformen in Saudi-Arabien ein. Außerdem vertrat er viele Personen, die von Menschenrechtsverletzungen betroffen waren, wie zum Beispiel den bekannten Menschenrechtsverteidiger und Blogger Raif Badawi.

Am 15. April 2014 nahmen die saudischen Behörden Waleed Abu al-Khair fest, nachdem er sich geweigert hatte, eine Erklärung zu unterzeichnen, in der er sich verpflichten sollte, seine Menschenrechtsarbeit aufzugeben. Anschließend wurde er auf Grundlage des drakonischen Antiterrorgesetzes vor ein Sonderstrafgericht gestellt. Die 2008 eingeführten Sondergerichte sind für Terrorismusfälle zuständig, faktisch werden sie aber genutzt, um friedliche Menschenrechtsverteidiger zu verfolgen. Das Gericht verurteilte Waleed Abu al-Khair am 6. Juli 2014 zu 15 Jahren Gefängnis, einem anschließenden 15-jährigen Reiseverbot und einer Geldstrafe von 200.000 saudi-arabischen Riyal – etwa 50.000 Euro – allein wegen seines rechtmäßigen und friedlichen Eintretens für die Menschenrechte.

Angeblicher Hochverrat

Nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine überwies Nina Slobodchikova, eine IT-Spezialistin aus Nowosibirsk, 5000 Rubel – knapp 55 Euro – in die Ukraine. Am 3. März 2023 nahm die Polizei sie in ihrer Wohnung fest und stahl bei dieser Gelegenheit offenbar auch ihre Katze. Nina Slobodchikova wurde wegen Hochverrats gemäß Paragraf 275 des Strafgesetzbuchs angeklagt und am 11. April 2024 zu zwölf Jahren Haft und einem weiteren Jahr sogenannter Freiheitsbeschränkung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft behauptete, Nina Slobodchikova habe für die ukrainischen Streitkräfte gespendet, während sie angibt, ihre Spende habe humanitären Zwecken gedient.

Nina Slobodchikovas Akte wurde als geheim eingestuft. Was bislang über ihr Strafverfahren bekannt ist, gibt jedoch Anlass zur Sorge, dass allein ihre kritische Haltung zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine der Grund für ihr Verfahren war. pm