Die Reise auf den Schwingungen der obertonreichen Gongklang-Frequenzen ist eine tiefgehende akustische Erfahrung. In diese universelle Welt der Töne entführten Clarissa Köpfer und Alexandra Ott die Zuhörerinnen und Zuhörer in der Kirchheimer Martinskirche. Für eine weitere Klangdimension sorgten von Bezirkskantor Ralf Sach untergemischte Orgeltöne. Sie mischten sich in einer gelungenen Symbiose mit dem archaisch anmutenden Klang der in Größe und Schallspektrum unterschiedlichen Gongs: Im Kirchenraum entwickelte sich eine multiple Tonaura von betörendem Reiz.
„Wir möchten den Gongklang erlebbar und fühlbar machen“, führte die in Nürtingen lebende Gongexpertin Alexandra Ott in die Abendmusik ein. Und Clarissa Köpfer, die in Kirchheim Yogakurse gibt, ergänzte: „Um das Erlebnis unmittelbar zu genießen, sollte man die Augen schließen und zur inneren Ruhe finden.“
Mit ultratiefen Frequenzen nahm ein Orgel-Stimmton die Hörer mit auf einen akustischen Erlebnispfad, dessen Schwingungsenergie tief in den Körper floss und für Ruhe und Konzentration sorgte. Kontrastierend zu den brummenden Basstönen schwebte helles Timbre von Bergkristallinstrumenten durch den Raum: kaum hörbar, fragil und von besonderer Anmut.
Alles entwickelte sich aus dem Moment heraus. Es gab weder Noten noch eine spezielle Dramaturgie – improvisatorische Elemente bestimmten das Geschehen. Clarissa Köpfer und Alexandra Ott setzten mit geschmeidigen Bewegungen und präzisen Anschlägen die Gongs in Gang. Die Schwingungen füllten den Raum, verdichteten sich und erreichten mit ihrer Intensität das Innerste der Zuhörerinnen und Zuhörer. Verstärkt wurde das faszinierende Erlebnis durch schillernde Orgelklänge, die mal harmonisch gesetzt, dann wieder in schrillen Dissonanzen das Spektrum erweiterten. Sich reibende Cluster standen neben eingängigen Tonfolgen: Mit differenziertem Registereinsatz und fein austarierten dynamischen Schattierungen konturierte Ralf Sach das Ganze.
Klare Gegensätze bestimmten die Szene. Über gewaltig tönenden Orgelpunkten standen sich statisch liegende Klangflächen und zerklüftete Aktionen gegenüber. Zudem sorgten Clarissa Köpfer und Alexandra Ott mit dem Einsatz harter und weicher Schlägel für variierende Klangfarben: Die Gongs woben einen dichten, in Kolorierung und Intensität ständig changierenden Klangteppich, der sich zuweilen der Grenze des noch Hörbaren näherte, um dann wieder in massiven Klangballungen aufzublühen. Mannigfach schillerte das Farbenspiel im Wechsel zwischen hell und dunkel, laut und leise. Und als die Kirchenglocken zum Abendläuten ertönten, fügten sich deren Schläge nahtlos in das mystische Klangerlebnis ein.
Filigrane Töne zum Schluss
Nach 90 Minuten näherte sich die fesselnde Klangreise dem Ende. Im sakralen Raum der Kirchheimer Martinskirche breitete sich plötzlich Stille aus: Die eindrucksvollen Lautmalereien wirkten noch nach, und das Publikum verharrte in meditativer Konzentration. Das Gong- und Klangerlebnis endete, wie es begonnen hatte: mit filigranen Tönen der Bergkristallinstrumente, die wie aus einer fernen Welt hinüberzuschallen schienen.