Ungezwungen geht es rund um den abgehängten Anhänger zu, der im Bürgerpark hinter der Kirchheimer Alleenschule steht. Es wuselt nur so vor tatendurstigen Grundschülerinnen und Grundschülern. Sie wollen das eingehauste Gefährt schnell erobern. Die Betreuerinnen haben alle Hände voll zu tun, die Neugierde der Kinder zu bremsen.
Auslöser für das unerwartete Geschehen ist Janina Schmid. Die Künstlerin aus Ulm hat sich eine besondere Kunstaktion ausgedacht, die genau am Nerv der Zeit ansetzt: dem Kult um die Eigeninszenierung, kurz Selfie genannt. „Das hat eigentlich wenig mit Kreativität zu tun, das ist total standardisiert. Man stellt sich – wie in der Vergangenheit zigtausendfach geschehen – vor ein mehr oder weniger bekanntes Gebäude, knipst sich und verschickt das Ganze via Internet. Beliebt ist auch, sich vor einem gefüllten Teller zu fotografieren“, sagt die junge Künstlerin, das Bein lässig auf die Anhänger-Rampe gestellt. Sie hat die Fotoboxen, wie sie bei Hochzeiten gerne stehen, weiterentwickelt. Statt nur mit einem schnöden Schnurrbart, kann man sich bei ihr anderweitig in Szene setzen.
Heiderose Langer vom Kunstbeirat der Städtischen Galerie im Kornhaus schaut an diesem sonnigen Mittag im Bürgerpark vorbei. Auf ihre Initiative kam Janina Schmid nach Kirchheim. Dank dieses Projekts war die Ulmerin erstmals in der Teckstadt, bis dahin kannte sie Kirchheim nur vom Vorbeifahren auf der A 8. Mit Niklas Kelemen vom Amt Archiv und Kultur der Stadt haben sich die beiden Frauen auf die Suche nach geeigneten Standorten für den Anhänger in Kirchheim gemacht, um die Städtlesbesucher zu überraschen.
Während die einen irritiert vorbeigehen, schauen die anderen interessiert. Blickkontakt vonseiten der Künstlerin mit den Passanten ist deshalb wichtig, um den potenziellen Gästen die Scheu vor der „Selfserviceselfiebox“ zu nehmen. „Ist das kostenlos?“ – diese überraschte Frage hört die Künstlerin fast jedes Mal, wenn sie mit ihrem Gefährt an einem Platz steht und die Flaneure einlädt, mit ihrem Handy ein Foto von sich selbst zu schießen.
Meistens ist eine Einführung vonnöten, schließlich gibt es viele Möglichkeiten. Das Licht lässt sich verändern. Je nach Vorlieben kann man beispielswiese in rotes Licht eintauchen. Andersfarbige Lichtkegel schaffen zusätzliche Effekte. Dann gibt es auch noch die Accessoires. Das sind mit bunten Stoffen umhüllte, in Form geschnittene Schaumstoffe. Der Schlüssel ist klar erkennbar, andere Formen dagegen können rein geometrisch – oder als Dinozähne betrachtet werden. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
„Das ist einerseits total analog, die Formen haptisch. Dann gibt es andererseits das übersteigerte LED-Licht samt den glänzenden Stoffen. So entstehen quietsche-bunte Bilder wie auf dem Bildschirm“, beschreibt Janina Schmid den von ihr erwünschten Effekt.
Den genießen vier aufgeweckte Jungs. Schnell erobern sie das Innere des Anhängers und vergnügen sich nach einer kurzen Einführung königlich. Es dauert eine Weile, bis sie wieder hinter dem Vorhang auftauchen – und jeder Einzelne strahlend ein „Dankeschön“ zu Janina Schmid sagt.
Weitere Stationen der Selfie-Box
Wer den Stopp im Bürgerpark verpasst hat, braucht sich keine Sorgen zu machen. Es gibt noch weitere in der Teckstadt: am morgigen Freitag, 13. Mai, von 9 bis 13 an der Max-Eyth-Straße 57, und von 14 bis 18 Uhr im Mehrgenerationenhaus Linde, Alleenstraße 90; am Samstag, 14. Mai, von 9 bis 13 Uhr vor dem Kornhaus; am Mittwoch, 18. Mai, von 9 bis 13 Uhr im Bürgerpark und von 14 bis 18 Uhr an der Lauterbrücke beim Postplatz; am Freitag, 20. Mai, von 9 bis 13 Uhr und von 14 bis 18 Uhr im Marstallgarten neben dem Schloss; sowie am Samstag, 21. Mai, von 14 bis 18 Uhr beim Bikepark in der Jesinger Halde 5. ih