Das Wetter passt, auch wenn ein kühler Wind in der Bohnau in Kirchheim weht. Die Seniorinnen und Senioren sitzen unter den Sonnenschirmen, genießen ihre Tasse Kaffee und den Kuchen in der Hans-Böckler-Straße bei den Maltesern. Doch die Attraktion des Tages ist etwas anderes: die E-Rikscha. Nadine Henninger ist mit diesem speziellen Gefährt angereist. Fünf Standorte in Württemberg – Ellwangen, Wasseralfingen, Kirchheim, Esslingen und Kornwestheim – wurden auserwählt, um Menschen mit Demenz in der Diözese Rottenburg-Stuttgart ein außergewöhnliches Erlebnis zu schenken. An diesen Orten befinden sich Malteser Tagestreffs beziehungsweise Café Maltas.
Den Fahrtwind im Haar und die Sonne im Gesicht haben zwei Besucherinnen des Kirchheimer Treffs, als es im eher tristen Gewerbegebiet losgeht. Der Blick ist fragend, was wohl auf sie zukommt. Am Ende der großen Runde hat sich ein zufriedenes Lächeln auf ihren Gesichtern breitgemacht. Hinter den drei Frauen liegt eine großzügige „Feldrunde“ auf Jesinger Markung. Nadine Henninger hat sich bei den ortskundigen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen schlaugemacht, wohin die Rikscha-Reise gehen könnte, und eine Proberunde gemacht. Die hat sich ausgezahlt. „Die beiden Frauen waren richtig begeistert. Wir sind an der alten Bahnlinie entlanggefahren, dann an Feldern und Wiesen. Die Blumen und Bäume haben geblüht, ich wurde gebeten, noch mal eine Runde zu fahren“, erzählt Nadine Henninger, die selbst begeistert von dem kleinen Ausflug ist. Dabei haben die Frauen noch Männer gesehen, die Holz gemacht haben – und Erinnerungen an einstige Tage kamen hoch.
Die E-Rikscha zu fahren, bedarf einer gewissen Einführung und Übung. Der Lenker ist breit, die Schwerkraft liegt bei den beiden Vorderrädern und damit bei den Passagieren. Dank elektrischer Starthilfe lässt es sich leicht „andräbbeln“, dann kommt Schwung in die Sache und die lockere Fahrt kann beginnen. Immerhin 141 Kilometer hat das Gefährt schon hinter sich. „Man muss sich daran gewöhnen – und langsam in die Kurven fahren“, sagt Nadine Henninger.
Die Rikscha ist ein Angebot der Malteser für Menschen, die nicht mehr selbst Fahrrad fahren können. Durch Feld, Wald und Wiesen gondeln, am Flussufer entlangradeln oder in die Innenstadt zum Eisessen fahren, all das lässt sich auf unterhaltsame Weise mit der Rikscha erleben. „Gerade in und nach der Corona-Krise verschärfte sich die soziale Isolation vieler älterer Menschen. Hier möchten wir Menschen mit eingeschränkter Mobilität neue Möglichkeiten eröffnen“, erklärt Heike Nägelein, Dienststellenleiterin bei den Maltesern in Kirchheim. Ihr stehen 35 ehrenamtlich Engagierte zur Seite. „Ich habe ein tolles Team – aber ein paar Männer könnten wir noch gut für unsere Altherren-Riege gebrauchen. Die kegeln gerne oder spielen Karten“, hofft sie auf weitere Unterstützung speziell für diese demente Klientel.