Kirchheim
Mit E-Bike und S-Bahn von Kirchheim nach Esslingen: Wohin nur mit dem Rad?

Selbstversuch Eine abendliche Fahrt mit Rad und Bahn ab Kirchheim wirft Fragen auf: Wie sicher ist es eigentlich, am Kirchheimer Bahnhof das E-Bike abzustellen? Und wie fährt man damit Zug?Von Bianca Lütz-Holoch

Morgens schien der Plan noch perfekt zu sein: Warum nicht einfach mit E-Bike und S-Bahn von Kirchheim zur abendlichen Verabredung nach Esslingen fahren statt das Auto zu bemühen? Das schont die Umwelt und spart die Parkplatzsuche. Doch jetzt, wo die Dunkelheit über den Kirchheimer Bahnhof hereinbricht und sich der Bahnsteig bis auf wenige Personen leert, scheint es auf einmal keine gute Idee mehr zu sein, das hochwertige Job-Rad einfach an den Fahrradständern abzustellen. Es stellt sich die Frage: Wohin mit dem E-Bike?

Der erste Gedanke: Am besten wäre es, das Rad im „Käfig“ zu parken, der umzäunten und abgeschlossenen Fahrrad-Parkfläche der Radstation Kirchheim. Betrieben wird die Station vom Sozialunternehmen Neue Arbeit in Kooperation mit der Stadt Kirchheim und dem ADFC. Sie bietet 80 witterungsgeschützte, sichere Stellplätze, Bewachung und einen „24-Stunden-Zugang“. Allerdings:. „Einen Schlüssel bekommen nur Mieter mit einem Vertrag“, klärt ein Mitarbeiter der Radstation auf. Und den gebe es nicht für eine Nacht. Ohnehin: Einen Vertrag für eine einzelne Verabredung abschließen? Wohl eher nicht.

„Sie können das Rad trotzdem hier abstellen“, macht der Mitarbeiter der Radstation einen Vorschlag zur Güte. Der Haken: „Dann können Sie es eben erst morgen wieder abholen, wenn die Radstation wieder offen hat.“ Nachts im Dunklen zu Fuß vom Bahnhof nach Hause zu laufen – das ist ebenfalls keine Option.

Dann eben doch die normalen Fahrradständer? „Ich würde das nicht riskieren“, warnt der Mitarbeiter und deutet auf ein Wrack ohne Vorderrad, das wie ein Mahnmal wirkt: Selbst wenn der Rahmen mit einem Schloss an den Metallstangen befestigt ist – der Rest scheint trotzdem nicht sicher.

Bahn baut Fahrradplätze aus

Fünf Minuten noch bis zur Abfahrt der Bahn. Jetzt muss eine Entscheidung her. Irgendwo anders in der Stadt einen vertrauenserweckenden Abstellplatz zu finden, scheidet aus Zeitgründen aus.

Der spontane Entschluss lautet deshalb: Das Rad kommt einfach mit nach Esslingen. Auf der Hinfahrt allerdings entpuppt sich das E-Bike auf den Stehplätzen mitten im Waggon als Hindernis – für die Besitzerin ebenso wie für andere Fahrgäste. Die Rückfahrt dagegen verläuft entspannter: Im Bereich mit den Klappsitzen am Waggonende wird ein Platz frei. Das schwere Rad kann dort sogar mit einem Gurt festgeschnallt werden.

Eine Platzgarantie für Radler gibt es in diesen so genannten Mehrzweckräumen allerdings nicht, wie Niklas Hetfleisch, Pressesprecher des VVS, erklärt: „Fahrgäste im Rollstuhl oder mit Kinderwagen haben dort immer Vorrang.“ Die gute Nachricht: Wenn die S-Bahnen digitalisiert und modernisiert werden, soll es noch mehr solcher Bereiche geben, auch in der Mitte der Wagen. „Diese werden für Fahrräder optimiert und bestehen komplett aus Klappsitzen und Elementen zum Anlehnen“, so Niklas Hetfleisch. Die ersten Musterfahrzeuge sind schon unterwegs, nächstes Jahr startet dann der serienmäßige Umbau.

Der Kirchheimer Bahnhof sticht nicht hervor

Und wie riskant ist es jetzt wirklich, das E-Bike am Bahnhof stehenzulassen? Martin Raff von der Polizeidirektion Reutlingen hat nachgeforscht und für den Kirchheimer Bahnhof im Jahr 2022 herausgefunden: „Es wurde dort eine einstellige Zahl Räder gestohlen“. Ein ähnlicher Trend zeichne sich auch für 2023 ab. „Der Bahnhof sticht nicht hervor“, so Raff. Angesichts dieser Zahlen scheint das Risiko, das E-Bike für einen Abend dort stehenzulassen, jetzt doch überschaubar.

Und vielleicht kommt ja bald eine flexiblere Lösung, die auch für spontane Bahnfahrten funktioniert: „Es gab und gibt planerische Überlegungen für eine erweiterte Option, die das bestehende Angebot ergänzt“, teilt der Pressesprecher der Stadt Kirchheim, Robert Berndt, mit. „Angedacht sind kompakte, sichere und witterungsgeschützte Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und Pedelecs, bei der Stellplätze oder Boxen noch flexibler und individueller gebucht und genutzt werden könnten.“ Wann sie kommen, steht noch nicht fest. „Bisher war eine solche Lösung mit der Modernisierung des Bahnhofsareals vorgesehen“, so Robert Berndt. „Da dieses jedoch aktuell nicht als umfassende Maßnahme umgesetzt wird, sollen Alternativen in absehbarer Zeit ins Auge gefasst werden.“

Und noch etwas: Manchmal klappt es an der Radstation dann doch mit dem Unterstellen für einen Abend. Das zeigt ein Versuch an einem anderen Tag bei einem anderen Mitarbeiter. „Regulär bieten wir das nicht an. Wenn Sie aber einen Vertrag ausfüllen und 20 Euro Kaution für den Schlüssel hinterlegen, machen wir eine Ausnahme“, sagt er.