Kirchheim
Mit Glitzer Corona erklären

Erziehung Seit zwei Wochen ist der inklusive Carl-Weber-Kindergarten in Kirchheim wieder für alle Kinder geöffnet. Doch für den Alltagsbetrieb sind viele Absprachen im Hintergrund notwendig. Von Julia Nemetschek-Renz

Verena Blaschka ist Sozialpädagogin und seit 27 Jahren Leiterin des inklusiven Carl-Weber-Kindergartens in Kirchheim. Doch so viel Bürokratie wie heute war noch nie. Sie sitzt in ihrem Büro hinter einem großen runden Tisch voller Papierstapel, kleiner Merkzettel, Anträgen und Verordnungen. Draußen vor dem Fenster spielen die Kinder im Garten. Die Nestschaukel schwingt auf und ab, zwei Mädchen streiten sich - Kindergarten-Alltag. Doch damit der funktioniert, muss Verena Blaschka die Landesverordnungen wälzen, Hygienekonzepte erarbeiten, Elternabende neu planen.

Denn es ist nicht so, dass sie nur für 35 Kinder und elf Mitarbeiter verantwortlich ist: 15 ihrer Kinder haben eine Behinderung, drei gehören zur Hoch-Risiko-Gruppe. Klar, dass Verena Blaschka da alles ganz genau nehmen muss. Doch die 64-Jährige wirkt gelassen: „Mitte März hat mich das auch erstmal überrollt und ich musste mich neu sortieren.“ Regelmäßig hätte es Krisensitzungen beim Träger der Lebenshilfe Kirchheim gegeben, und da sei ihr schon mal angst und bange geworden.

Doch dann hat sie die Krise angepackt und begonnen zu planen. Was ist am Wichtigsten? Die Kinder mit Behinderung, die den Rhythmus des Alltags so dringend brauchen, als erste wieder in den Kindergarten holen, entschied sie. Neun Kinder mit Behinderung konnten ab Ende April in die Notbetreuung gehen. Neue Verordnung Ende Mai: Jetzt durften offiziell 50 Prozent der Kinder kommen. Und seit Ende Juni ist der Kindergarten wieder für alle offen. Von ihren drei Risiko-Kindern wollte sie eine ärztliche Bescheinigung, dass sie kommen dürfen. Zwei davon sind wieder im Kindergarten, eines mit Down-Syndrom und Diabetes bleibt noch zuhause, den Eltern ist der Kindergartenbesuch zu riskant.

Die Schaukel vor dem Bürofenster schwingt höher, und ein Junge läuft nah an ihr vorbei. Verena Blaschka springt zur Tür in den Garten und ruft einer Mitarbeiterin zu: „An der Schaukel muss immer eine Aufsicht stehen!“ Sie setzt sich wieder hinter den großen Tisch. Hier, mit zwei Metern Abstand, darf sie die Maske weg lassen. Ansonsten tragen alle Mitarbeiterinnen Alltagsmasken aus durchsichtigem Kunststoff und bei allen pflegerischen Tätigkeiten Stoffmasken. Das bedeutet: Wenn ein Kind weint und auf den Arm will, muss die Erzieherin schnell die Stoffmaske zücken. „Zum Glück haben wir fast immer die durchsichtigen Masken auf, da sehen die Kinder unsere Mimik und auch die Lippenbewegungen beim Sprechen. Und das ist so wichtig für die Sprachförderung“, erzählt Verena Blaschka. Draußen im Garten dürfen sie laut aktueller Hygienevorordnung die Masken ablegen.

Heilpädagogin Alina Krohmer erzählt, wie sie den Kindern Corona erklärt haben: „Sie durften sich Glitzer auf die Hände schmieren und den haben wir dann abgewaschen. Wir haben gesagt: Genauso geht dann auch das Virus ab.“