Konzert
Mitreißende Show über Kirchheimer Geschichte(n)

Der Kirchheimer Chor „Happy Voices“ entzündet ein musikalisches Feuerwerk in der Stadthalle.

Die umgetextete Version von Udo Jürgens‘ „Ein ehrenwertes Haus“ erklingt als amüsante Persiflage auf eine Gemeinderatssitzung im Kirchheimer Rathaus. Fotos: Hans-Günther Driess

Kirchheims Geschichte(n) musikalisch und szenisch lebendig werden. Von Herzog Karl Eugen bis zu Hermann Hesse und lokalen Anekdoten führte die Reise durch Vergangenheit und Gegenwart. Humorvoll, eloquent und kenntnisreich moderierte Willi Kamphausen als Stadtführer. Er beeindruckte mit seiner angenehm-sonoren Stimme und deutlicher Artikulation. Als personifizierte Künstliche Intelligenz (KI) stand ihm „Siri“ alias Brigitte Breithaupt zur Seite, die vom Bühnenrand aus Wissenswertes über die Teckstadt beisteuerte.

Kreative Choreografien

Die „Happy Voices“ machen ihrem Namen alle Ehre und transportieren über ihren Gesang Fröhlichkeit in den Saal. Sie singen das gesamte Programm auswendig, sind gleichzeitig immer in Bewegung, rennen, wirbeln, tanzen und stellen den Inhalt der Lieder überzeugend dar durch entsprechende Körpersprache und Mimik. Ihre Leistung verdient höchste Anerkennung und Bewunderung. In die kreativen Choreografien ist die Handschrift der Tübinger Schauspielerin Irene Stein eingeflossen, die sich seit vielen Jahren als szenische Beraterin des Chors einbringt. Chorleiter Robert Kast hat sich mit der Band rechts vor der Bühne postiert, dirigiert von dort aus den Chor und hält die Fäden in der Hand. Bei der Wahl der Lieder hat er die Sängerinnen und Sänger mit einbezogen. Die Arrangements stammen zum Großteil aus seiner Feder und passen zu den jeweiligen Themen. So spiegelt „The Rhythm of Life“ das Markttreiben wider und die relaxte Swing-Nummer „I Love Coffee, I Love Tea“ (Java Jive) unterlegt eine Szene im Straßen-Cafe. Beim faszinierenden „Adiemus“ (wir fliegen), dem Werbespot der amerikanischen Fluggesellschaft Delta Air Lines, wird das Publikum zu einem Rundflug im Segelflieger entführt, der auf der Großleinwand die herrliche Umgebung um die Teck aus der Vogelperspektive in den Saal zaubert. Dem Thema „Kirchheim als Fahrradstadt“ wird als musikalisches Pendant „Bicicle Race“ der Rockgruppe Queen zugeordnet. Auch Songs von Elton John, Herbert Grönemeyer und der Welthit „Skyfall“ (aus dem gleichnamigen James-Bond-Film) werden wunderbar zwischen die Geschichten eingebettet und treffen den Geschmack des begeisterten Publikums.

Das Instrumentaltrio mit Jochen Scheytt (Klavier), Christoph Dangelmaier (E-Bass) und Claudius Heinzelmann (Drums) beherrscht alle für die Begleitung der Lieder nötigen Stile. Sie swingen, rocken und grooven in perfektem Zusammenspiel und differenziertem Sound. Letzterer beeinträchtigt gelegentlich durch etwas zu laute Aussteuerung die Textverständlichkeit der Lieder.

Nach der Pause erklingt der „a cappella“ vorgetragene Song „Fix You“ von Coldplay im Arrangement von Robert Kast. Hier zeigt sich die gute stimmliche Qualität der Chorstimmen in Verbindung mit differenzierter Gestaltung von Ausdruck und Dynamik. Chorleiter Robert Kast hat seine Mannschaft offensichtlich gut vorbereitet und führt sie mit sicherem Dirigat.

Willi Kamphausen schlägt unter Bezugnahme auf die Stolpersteine auch ein ernstes Kapitel der Stadtgeschichte auf und beleuchtet deutlich und offen schlimme Vorgänge in der finsteren NS-Zeit in Kirchheim. Folgerichtig erklingt danach „Freiheit“ von Marius Müller-Westernhagen und der musikalische Höhepunkt des Abends „Die Gedanken sind frei“ im anspruchsvollen A-Cappella-Chorsatz von Oliver Gies, den das zwölfköpfige Ensemble "SingTONics“ meisterlich vorträgt.

Die Stimmung kochte hoch im Finale: „Don’t Stop Me Now“ von Queen .

Vieles fließt an diesem Abend organisch ineinander: Musik, Rezitation, aufwändiges Bühnenbild, die fast von Lied zu Lied wechselnde Kostümierung, hervorragende Lichttechnik, vielfältige Bild- und Filmeinblendungen auf der Großleinwand und nicht zu vergessen die Logistik des großen Projekts. Man kann ahnen, wieviel Mühe und Herzblut der sympathischen „Happy Voices-Familie“ notwendig war, um dieses Gesamtkunstwerk auf die Bühne zu bringen.