Der erste Blick auf die kleine Bastion-Bühne verblüfft. Schlagzeug gleich zweimal - sehr ungewöhnlich. „Lizard“-Bassmann Ralf Mende klärt auf: „Das hat sich einfach so ergeben.“ Wolfgang Rosner sei ohnehin schon öfters für Helmut Kipp eingesprungen. „Da haben wir gesagt, warum versuchen wir es nicht mit beiden.“
Ein gelungener Versuch, muss man sagen. Die beiden erzeugen einen derart intensiven „Drive“, ergänzen sich durch Percussion-Teile immer wieder gegenseitig auf eine Art, die einfach nur begeisternd ist. Eingefleischte „Southern-Rock“-Fans erinnert das unwillkürlich an die Allman Brothers Band, die auch mit zwei Schlagzeugern spielte und 1969/70 quasi den „Urknall“ für dieses Genre auslöste.
Aber Schlagzeug ist nicht der Kern dieser Musik. Es sind die Gitarren, im Falle „Lizard“ zwei Fender Stratocaster, die bei vielen Titeln zum Einsatz kamen. Der gläsern-transparente Ton, der Sound dieses legendären Gitarrentyps wurde und wird von zahllosen Gitarristen weltweit bevorzugt. Eric Clapton und Mark Knopfler sind nur zwei prominente Beispiele dafür. Auch Jimi Hendrix hätte seinen ganz speziellen Sound ohne eine „Strat“ nicht hingekriegt. Aber genug der Theorie, zurück zu „Lizard“.
Die beiden Gitarristen Christoph Berner und Volker Dörfler setzten ihre Instrumente virtuos ein: ein geniales Zusammenspiel, fette Riffs - teilweise im Doppel gespielt - zweistimmige Solo-Passagen, da bleibt einem als Zuhörer oft nur noch Staunen und offene Bewunderung. Und dann auch noch unaufgeregt, lässig, als ob es nichts Besonderes wäre. Basser Ralf Mende legt dazu ein solides, aber raffiniertes Rhythmus-Gerüst, und Sänger Ruben Kilian passt mit seiner Stimme perfekt zum Genre.
Das Aufdröseln in einzelne Musiker wird „Lizard“ eigentlich nicht gerecht. Die Band funktioniert als Ganzes, keiner steht im Vordergrund. Seit 20 Jahren spielen „Lizard“ in dieser Besetzung zusammen, nur Sänger Ruben Kilian kam erst 2010 für den verstorbenen Gründer Georg Bayer dazu. Da sitzt einfach alles, jeder kann sich auf den anderen blind verlassen. Diese Routine ist die Basis für pure Spielfreude. Kein Wunder, dass der berühmte Funke schon ab dem ersten Stück überspringt. Die Besucher der rappelvollen Bastion lassen sich von der Musik mitreißen. Für Sänger Ruben Kilian eine entspannte Situation: „Hört sich vielleicht komisch an, aber ich bin keine ‚Rampensau‘, eher schüchtern. In der Bastion ist es irgendwie ganz einfach, von der Bühne mit den Leuten in Kontakt zu kommen.“ Das funktioniert, obwohl „Lizard“ überwiegend eigene Stück spielen, kein „Best of“ der Southern-Rock-Szene. Ralf Mende sagt: „Sweet Home Alabama wird heute in jedem Bierzelt gespielt. Das wird man bei uns nicht hören.“ Allenfalls ein paar wenige Covers finden sich im Programm, beispielsweise „Doin‘ it again“ von Doc Holliday oder „Whipping Post“ von den Allman Brothers. Sie fügen sich in die Eigenkompositionen nahtlos ein.
Die Musiker haben die Musik aus den Südstaaten so verinnerlicht, dass sie quasi selbst originären „Southern Rock“ schreiben können, auch wenn sie nicht im Süden der USA beheimatet sind. Seit Langem gilt „Lizard“ als beste Band dieses Genres in Deutschland und ist auch auf europäischer Ebene eine Institution. Kein Wunder, dass sie bei den Musiker-Kollegen aus den Staaten große Wertschätzung genießen und unter anderem schon für Lynyrd Skynyrd, Doc Holliday oder Molly Hatchet im Vorprogramm auftraten.
Zu den eingangs erwähnten zwei Schlagzeugern hat Sänger Ruben Kilian im Übrigen noch eine ganz andere Erklärung parat: „Das kommt von den Egos unserer beiden Star-Gitarristen. Jeder will seinen eigenen Schlagzeuger“, sagt er schmunzelnd.