Kirchheim
Mitsingkonzert in der Martinskirche: „Gesang 
kann ein Stück Himmel sein“

Musik Das Hagios-Mitsingkonzert in der Kirchheimer Martinskirche gibt den Besuchern als klingende Andacht einen Ruhepol, Mut und Zuversicht. Von Rainer Kellmayer

In der von der Corona-Pandemie bestimmten, bedrückenden vorweihnachtlichen Zeit sehnen sich viele Menschen nach einem sicheren Halt. Als Trost in diesen schwierigen Tagen setzte das Hagios-Konzert, eine klingende Andacht, in der Kirchheimer Martinskirche einen Ruhepol, der Mut machte und Zuversicht gab.

„Hagios“ stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet „das Heilige“. Bei seinen Hagios-Mitsingkonzerten vermischt der aus Magstadt stammende und an der Hamburger Musikhochschule ausgebildete Flötist und Komponist Helge Burggrabe Einflüsse gregorianischer Choräle, Musik aus der orthodoxen Liturgie und Taizé-Gesänge zu kontemplativen Melodien, die den Charakter gesungener Gebete haben. „Gesang kann eine verdichtete Form von Gebet und ein Stück Himmel auf Erden sein“, ist Burggrabe überzeugt. Diese Erfahrung vermittelte er den Besuchern in der mystischen Atmosphäre einer dunkeln, nur durch ein Meer von Kerzen in sparsames Licht getauchten Martinskirche.

 

Heute gibt es keine falschen Töne, jeder kann mitmachen.
Helge Burggrabe
lädt alle zum Mitsingen in der Martinskirche ein.

 

Aus dem Hintergrund erklangen ruhige Blockflötentöne mit Fragmenten aus Johann Sebastian Bachs Kantate Nr. 147, die überleiteten zur Melodie „Schweige und höre“ nach der Regel des Benediktus. „Heute gibt es keine falschen Töne, jeder kann mitmachen“, animierte Burggrabe zum Mitsingen. Zunächst zögerlich, dann jedoch immer mutiger, entfalteten sich die ruhigen Klänge im Kirchenschiff. Und als dann die einzelnen Stimmen als Kanon nacheinander einsetzten, wuchs der Chor zu opulenter Mehrstimmigkeit heran.

Die Lieder und Melodien in Helge Burggrabes beiden Hagios-Zyklen sind einfach gehalten, entbehren jedoch nicht einer inneren Spannung. Sie sind für Laien und deren stimmliche Möglichkeiten geschrieben. Durch aktives Mitwirken möchte Burggrabe den Besucherinnen und Besuchern seiner Konzerte ein spirituelles Erlebnis vermitteln: Christliche Wahrheiten werden in Tönen ausgedrückt, und die Musik schlägt eine Brücke zu Gott. Burggrabes Hagios-Lieder sind zur Kontemplation und Andacht geschrieben, vermitteln in ihrer stilistischen Breite von meditativer Besinnung bis zum kraftvollen Jubelgesang Trost und Geborgenheit. Die besondere Atmosphäre der in geheimnisvolles Licht gehüllten Martinskirche lud zum Träumen und Nachdenken ein. In dieser Aura spannungsvoller Ruhe entstanden andächtige Momente der Konzentration und seelischen Entspannung.

Zwischen den geistlichen Gesängen setzten instrumentale Intermezzi besondere Akzente, etwa als Burggrabe bei einem Rundgang durch die Kirche das Largo aus Antonio Vivaldis „Konzert für Piccoloflöte C-Dur“ intonierte. Oder als das Lied „Du bist gesegnet, ein Segen bist du“ von filigranen Flötentönen umspielt ertönte.

Kraftvolle orthodoxe Klänge brachte das eindrucksvolle „Hagios ho Theos“, und die monotone Wiederholung der gregorianischen Melodie von „O Signore“ steigerte sich zum spirituellen Mantra. Auf der Spurensuche nach der geheimnisvollen Kraft des Gesangs wurde das Hagios-Mitsingkonzert in der Martinskirche für das Publikum zu einem besonderen Erlebnis: Es gab den Besucherinnen und Besuchern Mut und Zuversicht zur Bewältigung der Herausforderungen dieser Zeit.