Kirchheim. Die beiden 34- und 35-jährigen mutmaßlichen Kirchheimer Goldräuber schweigen auch am zweiten Verhandlungstag vor den Richtern des Stuttgarter Landgerichts. Ihnen wird vorgeworfen, am 14. Dezember 2015 einen Werttransporter überfallen und Goldwaren im Wert von knapp 113 000 Euro geraubt zu haben. Jetzt hat die Polizei Einzelheiten ihrer Festnahmen bekannt gegeben.
Der Überfall vom frühen Abend des 14. Dezember war spektakulär: Der aus München kommende Kleintransporter wurde im Kirchheimer Gewerbegebiet Bohnau von einem Alfa Romeo zum Anhalten gezwungen. Dann schlugen zwei Männer die Scheibe der Fahrertüre des Transporters ein und bedrohten den Fahrer. Dieser flüchtete jedoch durch die Beifahrertüre. Das Fahrzeug mit der Goldladung chauffierten die Räuber anschließend selbst bis zur Autobahn - und ließen es dort ausbrennen. Das Gold ist seitdem verschwunden.
Wo die Beute landete, kam auch am zweiten Verhandlungstag nicht ans Tageslicht. Wie es allerdings zur Verhaftung der Beschuldigten kam, schilderte gestern einer der Fahnder vor der 19. Großen Strafkammer am Stuttgarter Landgericht: Immerhin war die Polizei damals nach intensiver Fahndung nach den Tätern ratlos. Erst im Januar diesen Jahres erreichte das Revier ein erster Hinweis. Ein Mann, der sich als Mitwisser bezeichnete, machte aus seinem Wissen zunächst jedoch ein großes Geheimnis. Er habe mitgeteilt, er werde erst aussagen, wenn er nicht in Haft komme, denn er habe mit der Sache auch zu tun - und zudem noch eine Bewährung offen. Darüber hinaus forderte er Vertraulichkeit. Beides wurde ihm zugesichert. Anschließend hat der Mann ausgesagt, dass er eigentlich bei dem Raub hätte mitmachen sollen, dies aber abgelehnt habe. Lediglich bei der Vorbesprechung sei er dabei gewesen.
Er berichtete, dass die beiden Angeklagten sich bereits Wochen vor dem Coup über die Fahrtroute des Transporters sachkundig gemacht hätten. Einmal habe man ihn von München kommend observiert und dann festgestellt, dass er einen Zwischenstopp an einer Tankstelle einlegte. Bei näherem Inspizieren des Fahrzeugs habe man gesehen, dass die Türen nicht abgeschlossen waren und der Zündschlüssel sogar steckte. Deshalb habe man sich vorgenommen, zuzuschlagen, wenn sich eine solche Gegebenheit wieder biete. Was das Fluchtfahrzeug betrifft, könnte möglicherweise auch ein Gebrauchtwagenhändler mit in der Sache stecken. Der Zeuge berichtet, dass dieser Händler das Fahrzeug absichtlich eine Nacht im Freien stehen ließ, damit die Täter es dort holen konnten.
Dass das überfallene Transportfahrzeug wertvolle Goldwaren transportiert, wisse man von einem Insider der Lieferfirma. Zudem nannte der Zeuge die Adressen der beiden Angeklagten in Pforzheim und Rastatt. Zur Festnahme konnte es damals aber noch nicht kommen, da bei den Wohnungsdurchsuchungen keinerlei belastende Materialien gefunden wurden. Erst nach dem Ergebnis des DNA-Tests änderte sich die Lage schlagartig. Die Polizei hatte nun bei beiden Beschuldigten positive Treffer - knapp vier Jahre nach der Tat.
Die Richter verhörten den Zeugen im Laufe des Verfahrens - trotz den Bemühungen der Verteidiger, dies zu verhindern. Bereits am ersten Prozesstag hatten die Beschuldigten bekundet, dass dieser Zeuge alles erfunden hätte. Der Prozess geht am morgigen Mittwoch weiter. Bernd Winckler