Kirchheim
Musik macht den Alltag bunter

Corona Mit ihren Hof- und Gartenkonzerten haben Ehrenamtliche der Sanwald-Stiftung Pflegeheimbewohnern das Leben in der Pandemie ein wenig versüßt. Das Projekt ist Anwärter auf den Ehrenamtspreis. Von Antje Dörr

Abwechslung und Freude ins Leben von Kirchheimer Pflegeheimbewohnern bringen: Das ist das Ziel der „Hof- und Gartenkonzerte“. Geboren ist das Projekt, das es in die Endrunde des Ehrenamtspreises „Starke Helfer“ geschafft hat, zu Beginn der Corona-Pandemie. „Anfangs waren die Heime und Wohngemeinschaften hermetisch abgeriegelt“, erinnert sich Anne Katrin-Stuth, Leiterin des Besuchsdiensts der Heinrich-Sanwald-Stiftung, an diese dunkle Zeit. Ihr, die normalerweise Ehrenamtliche und Pflegeheimbewohner zusammenbrachte, waren plötzlich die Hände gebunden.

 

Selbst Menschen mit Demenz erinnern sich an die Texte. 
Edith Hofele, Ehrenamtliche, über die Wirkung der Musik

 

Aus dieser Ohnmacht heraus entstand jedoch etwas Produktives: Schon Anfang April fand das erste Gartenkonzert statt, wenn auch unter strengsten Sicherheitsauflagen. „Ganz am Anfang saßen die Bewohner an den Fenstern, und die Musiker standen mit ganz viel Abstand draußen. Da dachte ich: ‚Jetzt geh ich nach Hause und heule‘ “, erinnert sich Anne Katrin-Stuth an die deprimierende Situation im ersten Lockdown. Doch sie hat weitergemacht und nach und nach einen Musikerstamm aufgebaut, der mittlerweile rund 20 Menschen umfasst. Das Ganze war offenbar ein Selbstläufer: „Ein Musiker hat den anderen gebracht“, sagt sie. Am Ende des Jahres 2020 sind 100 Hof- und Gartenkonzerte zusammengekommen.

Die Hof- und Gartenkonzerte der Sanwald-Stiftung gibt es seit Beginn der Corona-Pandemie. Foto: pr

Mitarbeiter der ersten Stunde sind die Dettinger Edith und Hans Hofele. Das Ehepaar hat bereits 55 Hof- und Gartenkonzerte absolviert und gehört zum festen Musikerstamm. Anfangs spielte nur Hans Hofele auf Mandoline und Gitarre, seine Frau begleitete ihn. Doch nur daneben zu stehen, habe ihr nicht gefallen, sagt sie. Edith Hofele, die schon früher Mitglied einer Blockflöten-Gruppe war, die in Heimen spielte, begann nach Noten zu suchen. Seither bereichert sie die Konzerte der Hofeles mit ihrem Instrument. Außerdem liest sie Gedichte und Kurzgeschichten, die je nach Jahreszeit ganz unterschiedlich ausfallen und die mal heiter, mal nachdenklich sind. 

Edith und Hans Hofele aus Dettingen sind von Anfang an mit dabei. Foto: Carsten Riedl

„Wir wollen, dass die Bewohner sich für anderthalb Stunden wohlfühlen und eine Abwechslung haben“, sagt Edith Hofele. Die Dankbarkeit unter den Menschen sei groß. Einmal habe ein Mann zu ihr gesagt: „Heute morgen ging es mir so schlecht. Das hat mich jetzt richtig aufgebaut.“ Dass ihre Musik bei den Älteren ankommt, merken die beiden deutlich: Bei Liedern wie „Im schönen Wiesengrunde“, „Wahre Freundschaft“, „Hoch auf dem gelben Wagen“ oder „Kein schöner Land“ würden viele mitsingen. „Selbst Menschen mit Demenz erinnern sich an die Texte.“ Doch nicht nur Volkslieder, sondern auch Blues und Flamenco hat Hans Hofele in seinem Repertoire. Der ehemalige Maschinenbauingenieur, der genau wie seine Frau seit fünf Jahren in Rente ist, ist froh, dass er dieses Ehrenamt gefunden hat, bei dem er Hobby und Engagement verbinden kann. „Man gibt etwas und hat Freude dabei“, sagt er.

Bernd Chudalla hat über 50 Konzerte gegeben. Foto: pr

Nicht nur für die Zuhörerinnen war das Musizieren während der Pandemie ein Gewinn, sondern auch für die Musiker selbst. „Es haben sich Musikerinnen und Musiker bei mir bedankt, dass sie endlich mal wieder spielen durften, dass sie motiviert waren, zu üben und sich Programme zu überlegen“, sagt Anne-Katrin Stuth. Sie ist stolz auf die Vielfalt an Musikrichtungen. „Nur Heavy Metall und Hip-Hop waren bisher nicht dabei“, sagt sie und lacht. Seit diesem Jahr hat Anne Katrin-Stuth neben den Konzerten auch ein wenig Kleinkunst im Angebot. „Der Zirkus Teckolino hatte einen Auftritt, dazu Kindertanzgruppen, Clowns und ein jugendlicher Zauberer“, sagt sie. Die Musik bliebe aber der Schwerpunkt. 

Mittlerweile kann die Arbeit des Besuchsdiensts der Sanwald-Stiftung teilweise wieder stattfinden. Anne-Katrin Stuth ist dennoch fest entschlossen, die Hof- und Gartenkonzerte weiterhin stattfinden zu lassen – selbst dann noch, wenn Corona irgendwann einmal Geschichte sein sollte. „Die 50 Musiker, die bisher teilgenommen haben, waren so ein Highlight und haben viel Licht hineingebracht in diese herausfordernde Zeit“, sagt sie.