Der Geist ist aus der Flasche. Lange war es still an der Bewerberfront und die Frage, wer den Kirchheimer Heinz Eininger (67) nach 24 Jahren im Amt als Esslinger Landrat beerben könnte, eine, die nicht einmal unter der Hand erörtert wurde. Vor einer Woche nun ist einer vorgeprescht und hat damit den Stein ins Rollen gebracht. Seit feststeht, dass die CDU im Kreistag mit Peter Rosenberger (52) – zurzeit noch OB der 26 000-Einwohner-Kreisstadt Horb am Neckar – einen Parteikollegen unterstützt, wird über Alternativen kräftig spekuliert.
Nach dem Vorstoß der Christdemokraten ließ der Konter der Freien Wähler nicht lange auf sich warten. Als stärkste Gruppierung, so Fraktionschef Bernhard Richter in einer ersten Reaktion, habe man selbstverständlich den Anspruch, vor Bewerberschluss am 17. Juni mit einem eigenen Kandidaten ins Rennen zu gehen. Spätestens Mitte Mai soll eine Entscheidung fallen, sagt Richter, der Spekulationen befeuert, indem er beim Profil nachschärft: Möglichst jung soll er sein, um auch eine zweite Amtszeit als Möglichkeit mit einzuschließen, und er soll aus den eigenen Reihen kommen.

Damit wird der Kreis der Kandidaten kleiner. Ein Name, der hinter den Kulissen immer wieder fiel und nicht nur die Menschen in der Seegemeinde unterm Breitenstein beschäftigen dürfte, ist Marcel Musolf – und der hat das Versteckspiel nun beendet. Kein Dementi auf Nachfrage, stattdessen selbstbewusste Sätze, wie man sie von Bissingens Rathauschef kennt. Gerüchte über Ambitionen auf ein höheres Amt begleiten ihn schon länger. Zweifel an seiner politischen Reife hat der 38-Jährige früh zu zerstreuen gelernt. Bei seiner Wahl 2011 war er mit 25 Jahren jüngster Verwaltungschef im Land. Seit zehn Jahren sitzt er für die Freien Wähler im Kreistag „Ich war an entscheidender Stelle in meinem Leben von außen betrachtet schon häufig zu jung,“ sagt er. „Dabei habe ich immer bewiesen, dass ich den Aufgaben mehr als gewachsen bin,“ betont Musolf – und ja, das Amt des Landrats betrachte er als faszinierende Aufgabe.
Musolf gilt als Sympathieträger. Bei seiner Wiederwahl vor fünf Jahren versammelte er in Bissingen 99,9 Prozent der Wählerstimmen hinter sich, bei einer beachtlichen Wahlbeteiligung von mehr als 50 Prozent. Die fachliche Eignung fürs Amt brächte der ehemalige Leistungsfechter, der Verwaltungswirtschaft studiert hat, mit.Das Alter, das nach dem Willen seiner Fraktion für Aufbruchstimmung sorgen soll, ebenso.

Ähnliches gilt auch für Thomas Matrohs (46), der fraktionsintern als schärfster Kontrahent um eine Kandidatur gilt. Matrohs ist acht Jahre älter als sein Bissinger Kollege, erfreut sich als nahbarer Rathauschef in Deizisau aber ähnlicher Beliebtheit. Seit 2009 sitzt er auf dem Chefsessel im Rathaus der Neckargemeinde. Davor war er Ortsvorsteher in Böblingen-Dagersheim.

Ein Dritter im Bunde wird als möglicher Kandidat zwar immer wieder genannt, ob er tatsächlich will, ist allerdings fraglich. Otto Ruppaner ist mit 41 Jahren kommunalpolitisch zweifellos ein Mann mit Zukunft. Doch für die hat Köngens früherer Rathauschef die Weichen gerade erst gestellt. Seit 1. März ist Ruppaner frisch gewählter Oberbürgermeister in Leinfelden-Echterdingen, der fünftgrößten Kommune im Kreis Esslingen.

Als ausgemacht gilt: An Grünen und SPD vorbei wird keines der beiden bürgerlichen Lager einen Kandidaten ins Amt bringen können. Bei Freien Wählern und CDU laufen deshalb intensive Sondierungsgespräche, auch mit Blick auf das, was kommen könnte, denn der neue Landrat wird erst nach der Kreistagswahl am 9. Juni gewählt. Ob die Fraktion mit der höchsten Frauenquote im Plenum am Ende einen eigenen Bewerber oder eine Bewerberin aus dem Hut zaubern könnte, schließt Grünen-Chefin Marianne Erdrich-Sommer aus. Die dafür nötigen Mehrheiten zeichnen sich nirgends ab. „Wir schicken niemand ins Rennen, der nur scheitern kann“, sagt sie. Was sich in den Reihen der Grünen hingegen abzeichnet, sind Sympathien für den CDU-Kandidaten aus Horb, der bei seiner Vorstellungsrunde in der Fraktion offenbar durchaus mit grünen Inhalten punkten konnte. Einen Seitenhieb in Richtung Bürgermeisterriege kann sich Erdrich-Sommer, die seit 35 Jahren für die Grünen im Kreistag sitzt, nicht verkneifen. „Wir wollen jemand, der sich klar zu Positionen bekennt“, sagt sie. „Keinen, der sein Parteibuch ablegt, um unabhängig zu erscheinen.“
SPD will Kreistagswahl abwarten
Keinerlei Kontakte zu möglichen Bewerbern gab es bisher in den Reihen der Sozialdemokraten. Das jedenfalls versichert Fraktionschef Michael Medla. Die SPD werde erst nach den Kommunalwahlen Position beziehen, wen man als Kandidaten unterstütze. „Was für uns zählt, sind vor allem Inhalte“, betont Medla, der bei sozialen Themen in Gesprächen mit Freien Trägern im Kreis in den kommenden Wochen die Leitplanken setzen will.