Kirchheim
Nach dem „verlorenen Jahr“ geht der Blick in die Zukunft

Neujahrsgespräch Nach Ansicht des Bundestagsabgeordneten Nils Schmid hat sich die SPD Ende 2019 „berappelt“.

Nürtingen. Dr. Nils Schmid redet nicht lange um den heißen Brei herum: „Das vergangene Jahr war für die SPD ein verlorenes Jahr“, sagt der hiesige Bundestagsabgeordnete. Vom neuen Jahr verspricht er sich, dass es besser wird - auch wenn er von dem Satz, dass es nur besser werden kann, aus langjähriger Erfahrung heraus nichts mehr hält. Immerhin stimmt ihn das Jahresende optimistisch: „Da hat sich die SPD berappelt. Wir haben jetzt eine handlungsfähige Führung, und auch die Groko-Debatte ist beendet.“ Aus Sicht der SPD gelte deshalb: „Die Regierung wird bis zum regulären Ende der Legislaturperiode weiterarbeiten.“

Zwei große Gesetzgebungsvorhaben stellt Nils Schmid für 2020 in den Mittelpunkt: die Grundrente, durch die kleinere Renten aufgestockt werden sollen, sowie die Förderung der Ganztags-Grundschulen: „Da gibt es noch große Lücken im Westen, insbesondere auch im Südwesten.“

Was Baden-Württemberg betrifft, verspricht sich Nils ­Schmid zudem große Vorteile für die mittelständischen Unternehmen - durch staatliche Förderung: „Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung werden jetzt steuerlich begünstigt. Davon profitieren vor allem die kleineren und mittleren Unternehmen.“

Weitere Vorteile fürs Land sieht er in der Förderung des Schienennahverkehrs: „Der Bund hat seine Mittel jetzt verdoppelt, auf 665 Millionen Euro jährlich. Weil die Planung hier schon sehr weit vorangeschritten ist, kann Baden-Württemberg weitaus höhere Mittel abschöpfen als andere Länder.“

Ein Problem, dem sich die Politik zu stellen hat, ist die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt - in Zeiten, in denen sich die Konjunktur eintrübt. Entgegenwirken will die SPD hier einerseits durch mehr Qualifizierung, auch während einer möglichen Kurzarbeit. Andererseits sei die Auflage eines Altschuldenfonds für Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz oder im Saarland ein wichtiges Konjunkturprogramm: „Dadurch versetzen wir diese Kommunen in die Lage, dringend notwendige Investitionen anzugehen - auch zum Nutzen der Wirtschaft und des Arbeitsmarkts.“

Sein eigentliches Arbeitsfeld als Bundespolitiker ist aber die Außenpolitik, wie Nils Schmid betont: „Wir betreiben in Deutschland eine Außenpolitik, die auf den Dialog ausgerichtet ist.“ Ob in Libyen oder in Syrien, in Afghanistan, im Jemen oder in der Ukraine, überall sei Deutschland in einer wichtigen Vermittlerrolle.

Das gilt selbst für die Bundeswehr, die laut Nils Schmid einen großen Anteil am guten Ruf Deutschlands in der Welt hat - selbst im Irak: „Dort ist jetzt leider das Ausbildungsengagement der Bundeswehr stark in Frage gestellt. Die Iraker wollen eigentlich, dass wir bleiben.“ Er sieht aber noch ganz andere Schwierigkeiten nach der Tötung des iranischen Generals Soleimani in Bagdad: „Der große Kollateralschaden ist der, dass der Iran jetzt wieder mehr Einfluss im Irak gewinnt. Die irakische Zentralregierung ist dadurch deutlich geschwächt.“

Weil die USA unter Trump nicht mehr der verlässlichste Partner sind, plädiert Nils Schmid für eine gemeinsame europäische Stimme. Große Fortschritte sieht er als Mitglied der deutsch-französischen Parlamentariergruppe in der Zusammenarbeit mit Frank­reich. Aber auch Gespräche mit Polen oder mit den baltischen Staaten hält er für wichtig. Deren Ängste gegenüber Russland - aus Zeiten des Kalten Kriegs - seien stets zu berücksichtigen.

„Als außenpolitischer Sprecher meiner Fraktion habe ich ein gewichtiges Wort mitzureden“, sagt Nils Schmid. Aber unabhängig davon sei er auch sonst schnell „angekommen“ in der Bundespolitik: „Ich habe ja schon aus der Landespolitik viel Erfahrung mitgebracht und war deswegen von Anfang an kein Unbekannter in Berlin.“ Gerne würde er dort auch bleiben. Die Nominierung für 2021 will er aber trotzdem „der Weisheit der Partei überlassen“. Andreas Volz