Kirchheim
Nach der Wahl herrschen Freude und Qual

Politik Der Teckbote hat die vier Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis Nürtingen-Kirchheim nach ihrer Einschätzung der Landtagswahl im benachbarten Freistaat befragt. Von Andreas Volz

Was hat München mit Berlin zu tun? Zunächst einmal gar nichts - außer dass die Bayern ihre Abneigung gegen die „Preißn“ spätestens seit 1866 ausgesprochen liebevoll pflegen. Aber seit gestern stellt sich wieder einmal die Frage, welche Auswirkungen die bayerische Landtagswahl auf die Bundespolitik in Berlin haben könnte. Die vier Kirchheimer Bundestagsabgeordneten geben erst einmal Entwarnung: Sie gehen davon aus, dass es keine großen Auswirkungen geben wird. Bevor sich in der großen Koalition im Bundestag etwas ändern könnte, sei erst noch die Hessenwahl in zwei Wochen abzuwarten.

Bayern hat gewählt. Aber nicht allen Politikern war es anschließend nach zünftigem Schuhplatteln zumute.Symbolbild: Diether Endl
Bayern hat gewählt. Aber nicht allen Politikern war es anschließend nach zünftigem Schuhplatteln zumute.Symbolbild: Diether Endlicher/dpa

Michael Hennrich (CDU) spricht von einem „schlechten Ergebnis für die Unionsfamilie“ und lässt damit durchblicken, dass er sich trotz historischer Verluste nicht von der CSU abwendet. Am desaströsen Wahlergebnis der Schwesterpartei gebe es zwar nichts zu beschönigen. Aber Michael Hennrich sieht auch das Positive: „Offen gesagt, habe ich sogar mit Schlimmerem gerechnet.“ Den Einfluss der Bundespolitik auf die Bayernwahl sieht er durchaus: „Wir haben in der Großen Koalition seit Juli kein so großartiges Bild abgegeben. Der Fall Maaßen war ja auch unterirdisch. Aber fachlich haben wir gar nicht so schlecht gearbeitet und ein paar gute Gesetze auf den Weg gebracht.“ Eine Koalition der CSU mit den Freien Wählern hält Michael Hennrich für naheliegend. Personelle Konsequenzen möchte er aus dem Ergebnis vom Sonntag aber keine ziehen: „Das sollen die Bayern selber entscheiden.“

Michael Hennrich (CDU)
Michael Hennrich (CDU)

Die FDP-Abgeordnete Renata Alt hatte den Wahlausgang so erwartet, auch angesichts der Umfragen im Vorfeld. Positiv überrascht war sie trotzdem - von der hohen Wahlbeteiligung: „Das ist ein klares Zeichen für die Demokratie.“ Mit dem neuerlichen Einzug der FDP in den bayerischen Landtag ist sie mehr als zufrieden: „Bayern war immer schon ein schwieriges Pflaster für die FDP, und je mehr Parteien im Landtag sind, desto schwieriger wird es.“ Besonders freut sie sich darüber, dass die Erneuerung ihrer Partei in Bayern gelungen sei: „Die besondere Herausforderung war, dass es viele unbekannte Köpfe im Team gab.“ In Bayern sieht sie eine „Sehnsucht nach Veränderung“: Die Themen, die gezogen haben, seien nicht die Themen der CSU gewesen. Vor allem sei es um Schulen und Bildung, um Wohnraummangel sowie um Klima- und Umweltschutz gegangen. Diese Themen müsse jetzt auch die Bundespolitik angehen.

Renata Alt (FDP)
Renata Alt (FDP)

Bei Matthias Gastel ist die Freude über das bayerische Wahlergebnis deutlich herauszuhören: „Für uns Grüne ist das ein gigantischer Erfolg.“ Seine Partei habe mit Themen wie Klimaschutz, Eindämmen von Flächenverbrauch, offene und tolerante Gesellschaft sowie mit einem klaren Ja zu Europa gepunktet. Dennoch sieht er die Rolle der Grünen in Bayern weiterhin in der Opposition: „Die CSU wird sich den einfacheren Koalitionspartner suchen, und das sind die Freien Wähler. Aus CSU-Sicht ist das nachvollziehbar, für Bayern ist es schade.“ Der Wandel, den sich viele Wähler wünschten, lasse sich mit CSU und Freien Wählern nicht herbeiführen - zumal Matthias Gastel nicht erkennt, dass sich geeignete Nachfolger für CSU-Chef Horst Seehofer aufdrängen.

Matthias Gastel (Grüne)
Matthias Gastel (Grüne)

Nils Schmid vergleicht Bayern mit dem Südwesten: „Das ist ein sehr schlechtes Ergebnis für die SPD. Wer mit der CSU unzufrieden war, hat nicht uns gewählt, sondern die Grünen. Das haben wir in Baden-Württemberg auch schon so erlebt.“ Das Theater in der Großen Koalition in Berlin habe nicht nur der CSU geschadet, sondern auch der SPD. Trotzdem sieht Nils Schmid die Wahl in Bayern als sehr speziell an. Einen Trend zu einstelligen SPD-Ergebnissen will er nicht sehen. Die Ausgangslage in Hessen sei eine ganz andere: „Dort ist die SPD eine echte Alternative. Es gibt dort sogar eine Machtperspektive für uns.“ Zwei Vorteile sieht er trotzdem im Ergebnis aus Bayern: Die AfD sei unter ihren eigenen Erwartungen geblieben, und es gebe jetzt wenigstens keine Debatte um eine große Koalition in Bayern.