Kirchheim
Nachhaltig Geld vermehren: Was die Kreissparkasse fürs Klima tut

Klima​ Geldinstitute spielen eine immer größere Rolle bei der Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft. KSK-Chef Burkhard Wittmacher sieht aber vor allem bei kleineren Instituten Probleme. Von Thomas Zapp

Nachhaltig zu sein, gehört heute nicht mehr nur zum guten Image eines Unternehmens, sondern wird zunehmend auch politisch eingefordert. Das betrifft nicht nur die Industrie, sondern auch die Geldinstitute. „Die Politik hat in der Finanzwirtschaft einen Transmissionsriemen entdeckt, der die Wirtschaft stärker beeinflussen kann als direkte Verordnungen“, sagt Burkhard Wittmacher, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen. Der Hebel, den Finanz­institute und Fondsgesellschaften haben, liegt in der 

 

Die Kunden rennen uns nicht per se die Bude ein und fragen: Was habt ihr an nachhaltigen Produkten?
Burkhard Wittmacher sieht noch viel Beratungsbedarf.

 

Auswahl der Beteiligungen. Und mehr und mehr gilt: Wer nicht nachhaltig unterwegs ist, den bestraft der Anleger.

900 Seiten Regelungen  

Das gilt auch für die Institute selbst. Nicht von ungefähr hat die KSK ihre Pressekonferenz zu ihren Anstrengungen im Bereich Nachhaltigkeit von der obligatorischen Jahresbilanz abgekoppelt. 
Doch der Vorstandsvorsitzende sieht auch Grenzen. Bei „900 Seiten gesetzlicher Regelungen“ sei es gerade für kleinere Institute mit 80 Angestellten nicht zu stemmen. Die Kreissparkasse gehört mit 1000 Beschäftigten zu den größeren und stellt mittlerweile ein Prozent ihrer Belegschaft für das Thema ab. So ist die Nachhaltigkeitsbeauftragte Svenja Schall seit 2020 in Vollzeit damit beschäftigt, die Mitarbeiter im Unternehmen einzubinden und Potenziale auszuschöpfen. Sie ist direkt beim Vorstand angesiedelt und bald kommt eine zweite Stelle dazu. „Für unser Nachhaltigkeitsmanagement haben wir 80 Maßnahmen definiert“, sagt sie. Ein Großteil davon sei freiwillig. 

Doch die EU-Taxonomie, die ein Rahmenwerk für den klimafreundlichen Umbau sämtlicher Wirtschaftssektoren in Europa bildet, ist extrem komplex. „Wir wollen vor allem Mehrwert für die Kunden schaffen und lassen beim Thema Nachhaltigkeit die Kirche im Dorf“, sagt Burkhard Wittmacher. Denn auch er weiß: Bis zum geplanten Ende der Transformation 2042 wird es noch einige Nachbesserungen an diesem komplizierten Regelwerk geben. Für ihre Unternehmenskunden bietet die Sparkasse daher Schützenhilfe, gibt etwa eine Checkliste Nachhaltigkeit heraus. „Wir verabschieden uns von keinem Kunden, der noch nicht so nachhaltig unterwegs ist“, verspricht der Vorstandschef. 

 

Investition in Stromtrasse

Im Privatkundengeschäft achtet das Institut verstärkt darauf, Anlagen in Unternehmen anzubieten, die auf Umwelt und soziale Aspekte achten. „Es ist nicht so, dass ihnen die Kunden per se die Tür einrennen und fragen, was habt ihr an nachhaltigen Produkten“, weiß Burkhard Wittmacher. Deshalb achte man in der Beratung darauf, die Kunden konkret über die Möglichkeiten zu informieren. „Das ist unsere Aufgabe.“ Die Privaten Anleger spielen für die KSK eine große Rolle, wenn in Deutschland bis 2042 zwei Billionen Euro in die Transformation fließen sollen. „Das kann nicht alles über die öffentliche Hand finanziert werden“, sagt der Vorstandvorsitzende.  

Ein weiterer Hebel liegt bei Immobilien. „Wir begleiten den Wandel auch bei unseren Kunden, die vielleicht ein Ein- oder Zweifamilienhaus besitzen und sanieren wollen“, sagt Vorstandsmitglied Frank Dierolf. Zum einen soll es bei der Kreissparkasse bis Ende 2024 eine Energieberatung geben – auch für Nichtkunden. Außerdem will man zwei Mitarbeiterinnen für Fragen rund um KfW-Förderungen und andere Fördermöglichkeiten einsetzen und einen „Klimakredit“ bis 80 000 Euro für Einzelmaßnahmen anbieten – ohne Sicherheiten, wie Dierolf betont.

Die KSK selbst hat sich mit ihren Eigenanlagen bei der Transnet BW beteiligt. Das Unternehmen der EnBW braucht bis 2040 rund 20 Milliarden Euro für die Stromtrasse, um regenerative Windenergie von der Nordsee nach Baden-Württemberg zu bringen. Die KSK ist mit 50 Millionen Euro dabei. Derzeit werde geplant, über grüne Sparbriefe auch private Kleinanleger daran zu beteiligen, sagt Frank Dierolf. 

Was die Dekarbonisierung anbelangt, hat die Sparkasse buchstäblich auch vor ihrer eigenen Tür gekehrt. So wurden nicht nur die Heizungen ausgetauscht und Fassaden gedämmt, sondern auch Photovoltaik auf den Filialen angebracht, etwa in Notzingen, Weilheim oder Wendlingen. Die bisherigen Investitionen liegen bei 37 Millionen Euro, dafür werden rund 500 000 Euro pro Jahr an Energiekosten eingespart. „Das ist keine Super-Rendite, aber ein Beispiel für nachhaltiges Wirtschaften“, betont Wittmacher. Nicht darin enthalten ist der geplante größere Umbau in Kirchheim mit nachhaltigen Materialien, der noch nicht final entschieden ist.

 

Auch Fußgänger werden belohnt

Auch die kleinen Dinge summieren sich: regional hergestellte Geschenke zum Weltspartag wie Kugelschreiber aus Meeresplastik oder das elektronische Postfach, das zunehmend den ausgedruckten Auszug verdrängt, somit weniger Papier anfällt. Und da „Nachhaltigkeit“ im wirtschaftlichen Sinne auch soziales Miteinander umfasst, bietet die KSK gesundes Essen in der Kantine und fördert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren mit Zuschüssen – da kommen im Jahr bei besonders Fleißigen bis zu 1000 Euro zusammen. Den Vorsitzenden freut’s: Denn auch das zahlt in die KSK-Bilanz zur Nachhaltigkeit ein. 

 

Was bedeutet eigentlich Taxonomie?

Die Taxonomie ist ein EU-weit gültiges System zur Klassifizierung von nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten. Sie soll Anlegerinnen und Anlegern Orientierung geben und Kapital für den grünen Umbau von Energieproduktion und Wirtschaft anreizen. Das Finanzsystem spielt dabei eine Schlüsselrolle. Die Europäische Kommission hat im Juni 2021 erste Kriterien vorgelegt, die dazu beitragen sollen, in der Europäischen Union mehr Geld in nachhaltige, klimaschonende Tätigkeiten zu lenken und die Umweltbilanz in Unternehmensberichten sichtbarer zu machen.

Rechtlich bildet die EU-Taxonomie-Verordnung die Grundlage für die Nachhaltigkeitsklassifizierung. Ziel ist, die Markttransparenz für Investitionen in ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu stärken. Dazu dient ein Klassifikationssys­tem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten, um Anreize für Investitionen in die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu unterstützen.
Quelle: Bundesumweltministerium