Kirchheim
Narren-Feuertaufe in Kirchheim: Pascal Bader feiert Premiere

Rathaussturm Die Kloster-Deifel übernehmen in der närrischen Zeit die Macht in Kirchheim. Wegen der Pandemie hatten sie zwei Jahre lang machtlos der Herrschaft des Oberbürgermeisters zusehen müssen. Von Andreas Volz

Kirchheim ist bis Aschermittwoch fest in Narrenhand. Das hat Holger Böhm, seines Zeichens Zunftmeister der Kirchheimer Kloster-Deifel, nach einem erfolgreichen Rathaussturm am Donnerstagabend in der Marktstraße lauthals verkündet. Schnell hatte sich zuvor gezeigt, dass seine Deifel in zwei Jahren Corona-Pause nichts verlernt haben: Im Sturm konnten sie das Kirchheimer Rathaus einnehmen und ihre Zunft-Fahne ausrollen, trotz tapferster Konfetti-Kanonen-Gegenwehr des gesamten Rathaus-Teams.

Schwierigkeiten gab es allenfalls danach, als es darum ging, Oberbürgermeister Pascal Bader nach unten zu zerren, um ihn auf offener Bühne vor das Narrengericht zu stellen: Die Narren brauchten doch deutlich länger, als ohne OB hinaufzusteigen, um mit OB wieder nach unten zu kommen. Ob sie da schon heimlich ohne ihren Zunftmeister Bruderschaft mit dem entmachteten Rathaus-Chef getrunken haben? Zumindest verriet sich Pascal Bader beim zweiten Schnaps mit Holger Böhm, indem er ausplauderte, das wäre nun wohl schon der fünfte.

Fast auf den Geschmack gekommen

Zuvor waren die Geschmacksnerven des Oberbürgermeisters auf eine harte Probe gestellt worden: Bei der Blindverkostung unterschiedlichster Getränke schlug er sich noch einigermaßen wacker. Aber die Nahrungsmittel, die ihm beim Essen als Inhalt von Pralinen serviert wurden, machten ihm schwer zu schaffen. Das lag sicher auch daran, dass er sich erst durch die Schokoladenhülle zum eigentlichen Kern durchbeißen musste. Gleich die erste Kostprobe hielt er deshalb für eine „tote Schnecke“ und musste sich dann erklären lassen, dass es eben doch eine Blutwurst war.

„Zäh wie eine Schuhsohle“, beschwerte er sich. Aber auch der Zunftmeister war um eine Antwort nicht verlegen: „Die mussten wir auch zwei Jahre aufheben, weil du gleich zu Beginn deiner Amtszeit Corona eingeschleppt hast – und das nur, um unseren Rathaussturm zu verhindern.“

Beim tatsächlichen Narrengericht verteidigte sich Pascal Bader durchaus geschickt. Zum Schaumbad im Marktbrunnen fragte er: „Was will man anderes machen, wenn man kein Hallenbad hat?“ Kalte Duschen für Sportler, mit dem Hinweis, sie könnten zuhause warm duschen? Kein Problem: „Ich dusche auch warm – daheim.“

Kampf um jeden Zentimeter Boden

Jüngste Verfehlung: Die Bodenwelle in der Tannenbergstraße ist neun Zentimeter zu hoch geraten. Verteidigung: „Das ist vollkommen falsch, wir haben extra nochmal nachgemessen. Es sind nur acht Zentimeter.“ Weniger geschickt, aber erfrischend ehrlich war die Antwort, als Zunftmeister Böhm klagte, die Stadt habe sich entgegen der Abmachung nicht daran gehalten, den Müll vom Umzug am Sonntag, den die Narren eingesammelt hatten, abzutransportieren. Ergebnis: „Der Müll war dann in einem Zehn-Kubik-Container vor meiner privaten Einfahrt.“ Pascal Bader: „Des g’schieht dir recht, des find’ ich gut.“

Immerhin gelobte der Oberbürgermeister vor der Urteilsverkündung humorvoll Besserung, was das Kirchheimer Baustellenchaos betrifft: „Das war eigentlich nur Spaß. Es tut mir leid, dass der Spaß nicht so richtig ankam.“

Bestens angekommen ist beim Publikum auf jeden Fall der Spaß des Rathaussturms samt Narrengericht in der Marktstraße. Pascal Bader hat seine verspätete „Premiere“ gut überstanden, auch wenn über die Anzahl der Schnäpse bei der nachfolgenden Party nichts Genaues bekannt ist. Aber am Aschermittwoch ist ja bekanntlich alles vorbei – und bis dahin haben die Kloster-Deifel den Rathauschef vorsorglich in den Urlaub geschickt.