Kirchheim
Naturkindergarten in Jesingen: Der Bauwagen kann kommen

Betreuung In Jesingen ist jetzt ein Standort für einen Naturkindergarten gefunden. 20 Mädchen und Jungen sollen dort möglichst schon Anfang 2024 in einer Ü3-Gruppe von drei Fachkräften betreut werden. Von Irene Strifler

Freizeitradler kennen die schöne Strecke aus der Jesinger Ortsmitte Richtung Nabern hinauf zur Kleingartenanlage. Mit jedem Meter wird die Aussicht besser, Vogelgezwitscher begleitet alle Ausflügler. Bald könnte sich dazu auch Kinderlachen gesellen. Dort, unweit der Naberner Straße, hat die Stadt
 

Für Kinder lohnt sich die Investition immer.
Ortsvorsteherin Gabriele Armbruster steht zu dem Projekt,
auch wenn die Personalsuche schwierig werden könnte.

nämlich eine Fläche ausgemacht, die sich für einen eingruppigen Naturkindergarten eignet. Es handelt sich um den neunten Anlauf: Acht andere Grundstücksideen, teils private Flächen, waren am Naturschutz oder auch aufgrund ungeeigneter Zuschnitte gescheitert.

„Wir freuen uns sehr“, zeigte sich Kirchheims Oberbürgermeis­ter Pascal Bader in der Sitzung des zuständigen Ausschusses zufrieden mit der Lösung, die neue Kindergruppe inmitten der Streuobstwiesen und doch nahe am Ort unterzubringen. Derzeit befinde man sich noch in Abstimmung mit der Naturschutzbehörde im Kreis. Dann jedoch dürfte alles schnell gehen: Wie der Stadtchef mitteilte, setzt man auf Bauwägen, wie sie bereits am Kirchheimer Galgenberg vorgesehen sind. Somit handle es sich lediglich um eine Nachbestellung.

Jesingens Ortsvorsteherin Gabriele Armbruster erläuterte, dass außer einem Zaun und einer Spielfläche nicht viele Baumaßnahmen an dem fast zehn Ar gro­ßen Grundstück nötig seien. Sorge habe dem Ortschaftsrat allerdings die Personalfrage bereitet. Bekanntlich sind nicht nur Betreuungsplätze landauf, landab knapp, sondern auch die erforderlichen Betreuungspersonen. Davon will man sich aber nicht abschrecken lassen, sondern positiv denken.

Für die Einrichtung des neuen Naturkindergartens wurden im Nachtragshaushalt 2023 bereits 250 000 Euro eingeplant. Schon in den Jahren zuvor hatte die Bedarfsplanung ergeben, dass es im Ortsteil an der Lindach an Betreuungsplätzen mangelt. Das Fachpersonal dürfte mit 181 000 Euro pro Jahr zu Buche schlagen. Derzeit gibt es in den beiden Jesinger Kindergärten, dem Käppele-Kindergarten und dem Kindergarten in der Reußensteinstraße, 123 Plätze für Ü3-Kinder – zu wenig, wie Gabriele Armbruster weiß. Die Eltern dieser etwas größeren Kindergarten-Kinder haben bekanntlich einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Die Stadt ist also im Zugzwang.

Der zuständige Ausschuss des städtischen Gemeinderats sprach sich einstimmig dafür aus, den geplanten Kindergartenstandort weiterzuverfolgen.

 

Kommentar: Ein Tropfen auf den heißen Stein

Der Weg zum Naturkindergarten in Jesingen war nicht leicht, doch endlich konkretisiert sich das Projekt, und so winkt Entlastung in puncto Kindergartenplätze. Wirklich? Geschaffen werden 20 Plätze, nicht gerade eine riesige Zahl. Wenn 20 Plätze Entlastung für den Teilort bringen, dann ist es gut. Schon im Bezug auf den dafür zuständigen Grundschulbezirk sind 20 Plätze aber nicht mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein.
Geplant ist kein Palast, dennoch schlägt die gesamte Investition mit 250 000 Euro zu Buche. Die Ausgabe ist längst in trockenen Tüchern. Der Jesinger Ortschaftsrat ist trotzdem in großer Sorge. Zu Recht: Eine sechsstellige Zahl an Erzieherinnen und Erziehern fehlt bundesweit, Tendenz steigend. Auch rund um Teck und Limburg bleiben Gruppen geschlossen. Da schaffen auch relativ schnell realisierbare Natur- und Yurtenkindergärten nicht wirklich Abhilfe. Ein Patentrezept fehlt. Tübingens Sozialbürgermeisterin Daniela Harsch hat am Samstag in Esslingen beim Kommunalwahlauftakt der Landes-SPD explizit von eingruppigen Kindergärten abgeraten, vor allem aufgrund der personell schwierigeren Bewirtschaftung. Vielerorts verdunstet der Tropfen auf dem heißen Stein nämlich ganz schnell. Irene Strifler