Kirchheim
Neuer Prozess gegen „König Davids Tochter“

Bundesgerichtshof Das Verfahren gegen eine Brandstifterin aus Kirchheim muss neu aufgerollt werden.

Kirchheim. Am 27. Oktober letzten Jahres hatte das Stuttgarter Landgericht eine 65-jährige Kirchheimerin vom Vorwurf der schweren Brandstiftung freigesprochen. Infolge einer Wahnkrankheit – sie fühlt sich als Nachkomme von König David – sei sie nicht schuldfähig, wurde aber vom Gericht in eine geschlossene psychiatrische Klinik eingewiesen. Zu Unrecht, wie der Bundesgerichtshof jetzt in der Revisionsentscheidung sagte. Der Prozess muss wiederholt werden.

Die Vorwürfe gegen die 65-Jährige waren enorm. Sie hatte nach richterlicher Feststellung in ihrer Kirchheimer Erdgeschosswohnung am 12. Februar letzten Jahres Feuer gelegt und einen gro­ßen Schaden verursacht. Sie hatte gegen Nachbarn große Steine geworfen und dabei einen Mann verletzt. Und sie hatte Kirchheimer Rathausbedienstete und auch die Polizisten permanent beleidigt und bedroht. Was die Brandstiftung in der Dusche ihrer Wohnung angeht, hatte die Frau behauptet, sie hätte nur feststellen wollen, ob tödliche Gase aus dem Duschschlauch ausströmten. Denn damit hätte man sie umbringen wollen.

Schon diese Aussage an sich hatte den vom Gericht beauftragten psychiatrischen Sachverständigen stutzig gemacht, zumal die Frau bei der Untersuchung bei ihm auch noch die Behauptung aufstellte, sie sei die Tochter von „König David“. Er diagnostizierte eine schwere paranoide Psychose bei der Angeklagten und empfahl dem Gericht den Freispruch von allen im Wahn verübten Vorwürfen, aber die Unterbringung in der Psychiatrie. Dem folgten die Richter dann auch in ihrem ersten Urteil und stuften die Frau als „Gefahr für die Allgemeinheit“ ein.

Angeklagte pöbelt vor Gericht

Dass die Frau psychisch schwer krank ist, wie der Gutachter feststellte, habe sie auch durch ihr Verhalten vor Gericht bewiesen. Sie beleidigte den Vorsitzenden der Strafkammer, den Staatsanwalt, die Polizeibeamten, die als Zeugen geladen waren, und selbst ihren Verteidiger. Sie schrie im Gerichtssaal herum, sagte, die Staatsanwaltschaft hätte Beweismittel manipuliert, und sie unterbrach barsch und lautstark alle Aussagen der Zeugen und die Ausführungen des Vorsitzenden Richters. Selbst als dieser die Gründe des Freispruchs und die Gründe der Einweisung in die Psychiatrie darlegte, intervenierte die Frau lautstark.

Selbst die Staatsanwaltschaft hatte damals gegen die Frau eine Freiheitsstrafe gefordert, da sie offensichtlich zwar psychisch angeschlagen, aber nicht gänzlich schuldunfähig sei. Dem jedoch folgte das Gericht nicht und verfügte die Einweisung – „zum Schutz der Allgemeinheit“.

Nachdem die Verteidigung der Frau Revision gegen diese Entscheidung eingelegt hatte, wurde daraufhin das Urteil vom Bundesgerichtshof zunächst aufgehoben und zur neuen Verhandlung an das Stuttgarter Landgericht geschickt. Es soll jetzt geprüft werden, ob tatsächlich eine Unterbringung in einer Anstalt nötig sei oder ob die Frau für die ihr gemachten Vorwürfe strafrechtlich voll verantwortlich ist. Dann droht ihr nämlich eine Haftstraße. Man darf gespannt sein, wie sich die inzwischen 66-Jährige jetzt im Gerichtssaal verhält. Der neue Prozess beginnt am kommenden Montag. Bernd Winckler