Neues Jahr, neues Ich: Gesunde Ernährung und mehr Sport treiben – das sind die beliebtesten Vorsätze für 2023. Nach der Hauptsaison von Festessen, Gutsle und Schokoladen-Fondue liegt der Wunsch nahe, sich um den eigenen Körper zu kümmern. Doch im Vergleich zu früheren Jahren scheint es weniger darum zu gehen, schlank zu werden. Immerhin rangiert der bloße Wunsch abzunehmen hinter Vorsätzen wie Geld sparen oder mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Vielmehr scheint es darum zu gehen, fit zu werden und darum, dem Körper etwas Gutes zu tun.
in ein Motivationsloch.
Das bestätigt auch VfL-Vorsitzende Doris Imrich: „Die Leute wollen gesund bleiben. Abnehmen kommt erst an zweiter Stelle“, sagt sie. Und auch, dass das Interesse zu Beginn des neuen Jahres besonders rege ist, trifft zu: „Die Nachfrage ist zurzeit ganz gut. Viele informieren sich und kommen mit guten Vorsätzen“, berichtet Doris Imrich.
Den Neulingen bietet der VfL Kurse für Zumba, Yoga und Pilates „fürs innere Gleichgewicht“, aber auch Geräte zum Auspowern. Bevor die vom guten Vorsatz angetriebenen Interessenten loslegen können, vergehen nach dem ersten Anruf in der Regel bis zu zwei Wochen. „Manche kommen auch sofort, aber viele vergleichen: Was können wir anbieten?“, berichtet Doris Imrich.
Doch wie erfolgsversprechend ist der Gang in die Fitnessstätten als Neujahrsvorsatz? Zu einem eindeutigen Urteil lässt sich Doris Imrich nicht hinreißen. „Das ist teils, teils. Was versprechen sich die Leute? Welches Ziel haben sie?“ Die Trainerinnen und Trainer des VfL entwerfen Trainingspläne und wollen Mut machen. Sie bauen die Fitness der Neukunden langsam auf und steigern dann die Leistung. Das A und O ist allerdings die Regelmäßigkeit.
Dass der Run auf die Fitnessstudios im Januar besonders groß ist, weiß Marcus Kinkelin. „Das liegt daran, dass sich die Leute zum neuen Jahr vornehmen, die Gesundheit zu ihrer Priorität zu machen“, erklärt er. Der Chef im Kirchheimer Fitnessstudio Körperwerk bietet den Vorsatz-Sportlerinnen und -Sportlern darum an, die Studios in Kirchheim und Weilheim für sechs Wochen zu testen. Dabei steht ein gesundheitsorientiertes Kraft- und Beweglichkeitstraining im Fokus. „Wir kommen aus dem Therapiebereich“, betont Marcus Kinkelin und erklärt, dass bei dem Training nicht die Ästhetik im Vordergrund stehe. Der Körperwerk-Chef erwähnt zwar, dass sich der Körper durch den Sport auch optisch verändert, allerdings geht es eher um die Gesundheit – um einen stärkeren Rücken oder bessere Gelenke.
Um langfristige Ergebnisse zu erzielen, ist Durchhalten angesagt, doch Marcus Kinkelin warnt: „Nach sechs bis zehn Wochen tritt ein Gewöhnungseffekt ein.“ Das bedeutet, dass die harte Arbeit plötzlich keine sichtbare Wirkung mehr zu haben scheint. Wenn dieser „steady state“ eingetroffen ist, können die Sporttherapeuten den Reiz auf den Körper erhöhen, indem die Intensität des Trainings gesteigert wird.
Neben dem Gewöhnungseffekt drohen noch weitere Hürden: „Die meisten fallen nach zehn bis zwölf Wochen in ein Motivationsloch“, berichtet Marcus Kinkelin. Er erklärt allerdings, dass das für alle Vorsätze gilt: „Das ist generell so und passiert auch, wenn man auf Zucker oder Fleisch verzichten oder das Rauchen aufgeben möchte.“ Wer nicht wirklich überzeugt von seinem Vorhaben ist, gibt in der Regel an diesem Punkt auf. „Der Schlüssel ist die Motivation von innen heraus“, sagt Kinkelin. Dabei kommt es laut ihm darauf an, die Gesundheit als Wert zu definieren. „Ist es für Sie ein hoher Wert, einen gesunden Körper zu haben? Das ist vergleichbar mit der Frage, ob es jemandem wichtig ist, mit seinen Mitmenschen gut umzugehen“, erklärt Marcus Kinkelin. Wer der Fitness, der Gesundheit, einen hohen Wert einräumt, kann Erfolg haben mit diesem Neujahrsvorsatz. Trifft dies nicht zu, quält man sich ein paar Wochen und hängt die hehren Absichten an den Nagel.
Adrian Timmann, Geschäftsführer von Joe’s Fitnesscenter, sieht die Erfolgschancen mit gemischten Gefühlen. „Viele Neulinge nehmen sich an Neujahr vor, nun fit zu werden, bleiben aber nicht dran“, sagt er. Viel höher schätzt er die Erfolgschancen derjenigen ein, die bereits trainieren und nur ein neues Ziel anpeilen. „Die sind das schon gewohnt, die ziehen das eher durch“, sagt Adrian Timmann.
Viele seiner Kunden, die teilweise schon seit mehr als zehn Jahren in dem Fitnesscenter in der Dettinger Straße in Kirchheim trainieren, haben sich für das neue Jahr vorgenommen, abzunehmen. „Sie setzen sich jetzt ein Ziel, das sie bis Mai erreichen wollen“, sagt Adrian Timmann. Wieso ausgerechnet der Mai zum Stichtag wird, dafür hat der Fitness-Experte eine einfache Erklärung: „Da geht die Freibadsaison los.“ Doch nicht nur seine treuen Kunden lassen sich von dem Trend mitziehen. Einen Boom erlebt das Fitnesscenter auch bei den Neukunden. „Für sie bieten wir beispielsweise einen Anfängerzirkel an“, sagt Adrian Timmann.
Vom Vorsatz zur Routine
Ziele setzen – Ziele halten. Einfach so ins Blaue hinein sporteln, das verspricht nur wenig Erfolg. Was genau soll verändert werden? Wie soll die zukünftige Routine aussehen? Wer sein Ziel kennt, kann darauf hin arbeiten und auch im Fitnessstudio ist es hilfreich, wenn die Experten wissen, was verändert werden soll.
Ein Trainer kann auch als eine Art Kontrollinstanz dienen. Denn Aufgeben ist viel schwieriger, wenn man nicht nur allein im stillen Kämmerlein trainiert, sondern Menschen in das sportliche Vorhaben einweiht. Sich einem Verein oder einem Fitnessstudio anzuschließen kann also auch Bündnisse schaffen.
Geduld muss man haben. Mit sich, mit den Zielen, die noch in weiter Ferne zu liegen scheinen, und auch mit Rückschlägen. Die neue Routine erfordert Arbeit und Disziplin, um sich zu festigen. Außerdem ist ein Motivationstief nach der zehnten Woche zu erwarten – und das kann nicht mit Ungeduld überwunden werden. kd