Nils Schmid fasst eines der besonders heißen Eisen der internationalen Politik an: den israelisch-palästinensischen Konflikt im Gaza-Streifen. Die Sache ist so heiß, dass man sich daran eigentlich nur die Finger verbrennen kann. Trotzdem
– oder auch gerade deswegen – setzt der hiesige SPD-Bundestagsabgeordnete in seiner Eigenschaft als außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion auf eine politische Lösung: „Die Idee, die Palästinenser militärisch zu kontrollieren, hat nicht das Maß an Sicherheit gebracht, das sich die Israelis erhofft hatten.“
Im Gegenteil: Auf seiner jüngsten Delegationsreise nach Israel hat Nils Schmid immer noch gespürt, wie tief der Schock sitzt, den der Hamas-Anschlag vom 7. Oktober 2023 ausgelöst hat: „Das hat das Sicherheitsempfinden der Israelis massiv getroffen.“ Er hat in Israel mit Menschen gesprochen, deren Angehörige im Oktober entführt oder gar ermordet wurden. Eine Freilassung aller Geiseln ist für ihn daher die Grundbedingung, um weitergehende Gespräche überhaupt erst führen zu können.
Um aber eine politische Lösung zu finden, einen tragfähigen Kompromiss auszuhandeln, geht es ganz wesentlich darum, auch mit der anderen Seite zu sprechen und zu versuchen, deren Position zu verstehen. Nils Schmid spricht in diesem Zusammenhang von der „Verzweiflung, der Enttäuschung und der Wut der Palästinenser, die seit Jahren unter der israelischen Besatzungspolitik leiden“. Ebenfalls seit Jahren interessiere sich die Welt immer weniger für die schwierige Lage der Palästinenser.
Mit seinem Verständnis für die Positionen beider Völker würde sich Nils Schmid bei beiden Seiten unbeliebt machen – weil beide Seiten auf dem bestehen, was sie für ihr jeweiliges Recht halten. Dabei geht es aber genau darum, erst einmal beide Positionen zu kennen, bevor sich diese im gemeinsamen Gespräch vorsichtig und Stück für Stück hinterfragen lassen.
Nils Schmid versucht deshalb, die komplizierte Gemengelage zu vereinfachen: „Es geht um Land. Ein solcher Konflikt lässt sich lösen, indem man das Land aufteilt.“ Das Problem dabei: „Radikale Gruppen beiderseits schließen den Anspruch auf einen Staat der anderen Seite jeweils aus.“
Sorge vor religiöser Aufladung
Was sich leicht nutzen – oder, je nach Standpunkt, auch missbrauchen – lässt, um den Konflikt jederzeit anzuheizen, ist die Religion. „Was mir große Sorge macht, ist die religiöse Aufladung des Konflikts. Wenn es nicht einfach nur um Land und um Städte geht, sondern um heiliges Land und heilige Städte, lässt sich das nicht mehr lösen. Das macht jeden Kompromiss unmöglich. Wir müssen das also auf einen Grundkonflikt um Land zurückführen.“
Dauerhaft brauche es zwei Staaten mit klaren Grenzen. Diese Staaten müssten sich gegenseitig anerkennen, um so auch beide von der internationalen Staatengemeinschaft anerkannt werden zu können. „Die Regierung Netanjahu ist von der Anerkennung eines palästinensischen Staats leider weit entfernt“, räumt Nils Schmid ein und zeigt damit, dass er seine Augen keinesfalls vor der Realität verschließt. Eine weitere Grundvoraussetzung für die Zwei-Staaten-Lösung lässt sich mit der aktuellen Regierung in Israel ebenfalls nicht schaffen: „Die Siedlungspolitik müsste enden.“
Nils Schmid möchte „die Debatte öffnen für eine politische Lösung“, denn: „Auch wenn es noch so unwahrscheinlich zu sein scheint, dass sich eine Zwei-Staaten-Lösung ergibt, ist es gerade jetzt wichtig, das entsprechende politische Signal dafür zu setzen.“
„Das Thema treibt viele um“
Er ist nicht nur im Gespräch mit beiden Seiten – mit israelischen Politikern ebenso wie mit palästinensischen Fatah-Mitgliedern, die im Gegensatz zur Hamas eine gemäßigte Linie verfolgen. „Ich bin da auch ständig im Gespräch mit unserem Außenministerium und mit dem Kanzleramt. Das Thema treibt viele um, und die Bundesregierung ist in der Region sehr engagiert unterwegs.“
Trotzdem weiß Nils Schmid, dass Deutschland alleine nicht viel ausrichten kann: „Die EU muss hier gemeinsam mit den USA ein politisches Paket auf den Weg bringen und beiden Seiten eine wichtige Botschaft vermitteln: ,Wir wollen euch helfen’.“