Städte und Landkreise schlagen Alarm: Die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine steigt, sodass es immer schwieriger wird, geeignete Unterkünfte zu finden. Im ganzen Land mehren sich die Meldungen, dass Menschen auch wieder in
Sporthallen unterkommen. In Kirchheim war das zuletzt während der Krise 2015/16 der Fall: Die Kreissporthalle an der Schöllkopfstraße diente als Unterkunft, und der Sportunterricht an den Berufsschulen musste in städtische Sporthallen verlagert werden.
Droht jetzt wieder ein ähnliches Szenario? Die Antworten aus dem Esslinger Landratsamt und aus dem Kirchheimer Rathaus sind zunächst einmal ebenso eindeutig wie beschwichtigend: Aktuell gebe es keine konkrete Planung, irgendeine Sporthalle vorübergehend zur Flüchtlingsunterbringung zu nutzen. Aber: Was in den nächsten Wochen und Monaten passiert, lasse sich nur schlecht vorhersagen. Deshalb will man weder in Esslingen noch in Kirchheim kategorisch ausschließen, dass aus Sporthallen vielleicht doch wieder Wohnquartiere werden könnten.
Von „wieder“ kann zumindest für die städtischen Sporthallen keine Rede sein, betont Kirchheims Erster Bürgermeister Günter Riemer. „Unsere Hallen waren noch nie belegt“, stellt er fest – und schränkt zugleich ein: „Aber sie waren immer wieder in der Diskussion.“ An welche Halle in diesen Diskussionen konkret gedacht wird, sagt er nicht, zählt dafür aber Auswahlkriterien auf: „Das hängt von der Multifunktionalität einer Halle ab, von den Möglichkeiten, wie man da sinnvoll Bereiche abgrenzen kann, und von der Frage, wo es dem Schulbetrieb am wenigsten schaden würde.“
Gedankenspiele dazu gab es demnach immer wieder, „aber ernsthaft hatten wir das Problem bisher noch nicht“. Deswegen denke in der Stadtverwaltung derzeit niemand daran, tatsächlich auf Sporthallen zurückzugreifen. Vielmehr setze die Stadt weiterhin auf Wohnungen im eigenen Bestand oder auf Wohnungen, die die Stadt ohnehin langfristig angemietet hat. Selbst leerstehende Büroräume sind für Günter Riemer viel eher eine Option als Hallen.
Die Solidarität ist groß
Günter Riemer sieht auch weiterhin Möglichkeiten, dass Kriegsflüchtlinge private Unterkünfte finden: „Die Bereitschaft, für eine gewisse Zeit Menschen aus der Ukraine unterzubringen, ist nach wie vor gegeben.“ Viele Wohnungseigentümer sähen darin einen Akt der Solidarität mit dem ukrainischen Volk.
Trotz alledem muss Günter Riemer konstatieren: „Die Situation ist im Moment nicht planbar. Dafür sind die Zahlen von Bund und Land zu unklar.“ Es gebe Kreise, in denen viel mehr Flüchtlinge aufgetaucht seien als in Esslingen: „Diese Landkreise und auch das Land selbst haben großes Interesse an einer Umverteilung nach einem bestimmten Schlüssel.“ Deswegen gebe es im September interne Gespräche in der Stadtverwaltung, wo und wie sich weitere Menschen unterbringen lassen, zumal ja nicht nur aus der Ukraine Menschen flüchten: „Wir stellen jetzt erst einmal eine Bilanz über verfügbaren Wohnraum auf und kommen mit dem Thema Ende September in den Gemeinderat.“
Auch im Landratsamt beobachtet man die steigenden Zahlen von Flüchtlingen aus der Ukraine und aus anderen Gegenden der Welt, wie Wolf-Dieter Roser in seiner Eigenschaft als stellvertretender Pressesprecher während der Urlaubszeit mitteilt: „Wir sind in ständigem Kontakt mit den Kommunen im Kreis, und die stehen alle vor ähnlichen Problemen. Wir planen aber keine Belegung der Sporthallen. Das ist die letzte überhaupt denkbare Option, wenn gar nichts anderes mehr geht.“
Dennoch schätzt er die Situation im Kreis als „kritisch“ ein: „Was bis Ende des Jahres noch alles passiert, wissen wir nicht.“ Das könne auch niemand seriös einschätzen. „Vielleicht sieht dann plötzlich alles ganz anders aus.“
Fazit: Zum Schulbeginn in weniger als zwei Wochen dürfte einem geregelten Sportunterricht in den Hallen nichts im Wege stehen – weder an den allgemeinbildenden Schulen der Stadt noch an den beruflichen Schulen des Landkreises. Aber es könnte jederzeit auch völlig anders kommen. Die Ungewissheit bleibt. Sie ist das einzige, was derzeit sicher ist.