Kirchheim
O krummer Tannenbaum

Randnotiz von Antje Dörr über Last-Minute-Weihnachtsbäume.

Wenigstens war er günstig“, sagt der Mann und kratzt sich am Kopf, während er den Weihnachtsbaum betrachtet, der etwas windschief in unserem Wohnzimmer steht. Tatsächlich hat der Baum seine besten Tage längst hinter sich. Krumm ist er, unregelmäßig gewachsen, manche Nadeln färben sich schon gelb, und seine Spitze ist ihm irgendwo abhanden gekommen. Die Kinder waren sofort schockverliebt, als sie den Baum sahen, der mit vier oder fünf etwas ansehnlicheren Exemplaren traurig auf der Verkaufsfläche herumstand. Was soll man da entgegnen? Dass das Ding hässlich wie die Nacht ist, obwohl man sonst immer predigt, dass Äußerlichkeiten nicht ­wichtig sind? Lieber nicht. Wir lächeln tapfer und packen das nadelnde Ding auf den Bollerwagen. Zu Hause tanzen die Kinder fröhlich um den Tannenbaum und behängen ihn mit allem, was der Keller zu bieten hat. Da steht es nun, das krumme Ding, und erinnert uns daran, dass nicht alles vollkommen sein muss. Und erst recht nicht an Weihnachten.