Bauen
Ohne Papier zum Eigenheim?

Mit dem „Virtuellen Bauamt“ soll ein Schritt in Richtung Digitalisierung der Verwaltung gemacht werden. Der Landkreis Esslingen hat hier die Nase weit vorn. Dennoch wird auch Kritik laut. 

Zum 1. März 2024 wurde das Virtuelle Bauamt „ViBa-BW“ eingeführt. Der Landkreis Esslingen liegt bei der Nutzung weit vorn. Foto: Unkas Photo - stock.adobe.com

Was das „Virtuelle Bauamt“ angeht, spielt der Landkreis Esslingen auf Bundesebene ganz vorn mit – um genau zu sein auf Platz drei. Zum 1. März 2024 wurde beim Amt für Bauen und Naturschutz das Virtuelle Bauamt „ViBa-BW“ eingeführt. Seit diesem Zeitpunkt werden Bauanträge digital über das bundesweit einheitliche Serviceportal eingereicht. Nun zeigt eine Statistik des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen den aktuellen Zwischenstand: Auf Landesebene schneidet der Landkreis Esslingen sogar noch besser ab. Gemessen an den online eingereichten Vorgängen liegt er derzeit auf Platz eins.

Ein großer Vorteil des „ViBa-BW“, so das Landratsamt Esslingen, ist darin zu sehen, dass Bauanträge nun orts- und zeitunabhängig gestellt werden können – und das papierlos. Der Bauherr muss sich also nicht mehr an die Öffnungszeiten des Landratsamts halten, um das Verfahren einzusehen oder um Anträge einzureichen.

Bei den Behörden selbst sorge das „Virtuelle Bauamt“ ebenfalls für Erleichterung: Genehmigungsverfahren können zügig, ortsunabhängig und ohne Papierakten bearbeitet werden, heißt es aus dem Landratsamt.

Ganz so positiv wie vom Landratsamt selbst wird das „ViBa-BW“ nicht überall wahrgenommen. Ein Mitarbeiter einer Kommune in der Teckregion, der anonym bleiben möchte, teilt mit, dass das „Virtuelle Bauamt“ nur eine Sammelstelle für PDF-Dateien sei. Es habe mehr versprochen, als es halte: Unter Digitalisierung stellt man sich dort etwas anderes vor. Eine Stellungnahme zum gemeindlichen Einvernehmen, so der Mitarbeiter, können die Kommunen beispielsweise nicht direkt auf der Plattform erteilen oder verweigern. Eine gesonderte PDF-Datei müsse hochgeladen werden. 

Keine Lösung für den Stempel

Zudem gibt es noch keine Lösung für einen rechtssicheren digitalen Stempel, sodass die Baugenehmigung und die Planunterlagen am Ende ausgedruckt und ganz herkömmlich mit einem Stempel versehen werden. Das könnte eine schmale Mappe, aber auch mehrere Ordner sein, je nach Umfang des Bauvorhabens.

Die Verantwortlichen aus dem Landratsamt äußern sich: „Um den Baurechtsbehörden für die Umstellung auf das ,Virtuelle Bauamt’ ausreichend Zeit zu geben, hat der Gesetzgeber eine Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2025 vorgesehen. Erst ab diesem Zeitpunkt soll das ,Virtuelle Bauamt’ flächendeckend und vollständig eingeführt sein.“ Derzeit werde davon ausgegangen, dass die elektronische Signatur bis zu diesem Zeitpunkt eingeführt ist.

Auch andere Gemeinden aus der Region haben Erfahrungen mit dem „ViBa-BW“ gemacht: Die Stadt Owen teilt mit, dass seit Anfang Mai dieses Jahres fünf Bauanträge über das Portal „ViBa-BW“ gestellt wurden. Zwei davon seien bereits genehmigt. 

Effizienter Ablauf

Das Resümee zum „ViBa-BW“ fällt in Owen positiver aus: Durch die Einführung und die im Vorfeld notwendigen Gesetzesänderungen sei der Ablauf des Baugenehmigungsverfahrens sehr effizient und übersichtlich gestaltet worden. „Der Download und Upload der Unterlagen zu jedem Bauvorhaben erfolgt reibungslos und ohne großen Aufwand.“

Die Gesetzesänderungen hätten eine Optimierung der Abläufe bewirkt. Eine Benachrichtigung der Nachbarn sei nur noch in seltenen Fällen notwendig. Das bestätigt auch der Mitarbeiter der anderen Kommune. Somit könne durchaus von einer Erleichterung gesprochen werden.

Die Lenninger Gemeindeverwaltung ist mit dem „Virtuellen Bauamt“ weitestgehend zufrieden: „Unterlagen direkt hochladen zu können, spart Zeit und Papier.“ Die Kommune gibt jedoch zu bedenken, dass es sich bei der Plattform um ein Kommunikations­system und nicht um ein Archivsystem handelt. Um die Archivierung müssten sich die Gemeinden selbstständig kümmern.