Kirchheim
Omikron erobert die Arztpraxen

Corona Die rasch steigenden Infektionszahlen sind auch bei den Hausärztinnen und -ärzten spürbar.

Kreis Esslingen. Die Hausärztinnen und Hausärzte rund um die Teck müssen aktuell wieder deutlich mehr Covid-Patienten versorgen als noch zu Beginn des Jahres. „Die Zahl der Patienten steigt von Woche zu Woche. Das geht parallel zur Kurve“, sagt Dr. Wolf-Peter Miehe, Hausarzt in Weilheim und Sprecher der Ärzteschaft Nürtingen. Allerdings sei die Zahl der Patienten noch zu bewältigen, weil die Impfnachfrage deutlich zurückgegangen sei. „Zu den Zeiten, in denen wir geimpft haben, läuft jetzt die Infektsprechstunde“, sagt Miehe.

Unproblematisch ist die Situation dennoch nicht, denn laut dem Mediziner halten sich – wie immer zu Zeiten, in denen viel Virus unterwegs ist – Menschen mit dem Praxisbesuch zurück. Wolf-Peter Miehe berichtet von Patientinnen und Patienten, die versuchen, einen Herzinfarkt zuhause auszusitzen und in letzter Minute kommen. Von chronisch lungenkranken Patienten mit Lungenentzündung, die lieber zuhause bleiben, als sich behandeln zu lassen. Oder von einer Frau, die seit Monaten einen tastbaren Knoten in der Brust hat. „Das sind alles Dinge, die zeitkritisch sind und behandelt gehören“, sagt Miehe. 

Dass sich auch Ärzte und Mitarbeiterinnen mit Covid infizieren, ist seit dem Auftauchen der Omikron-Variante wieder wahrscheinlicher geworden. Miehe und seine Kolleginnen und Kollegen testen sich mindestens zwei Mal pro Woche, bei Kontakt soll täglich getestet werden. Einen fixen Plan für den Fall, dass aufgrund von Omikron viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hausarztpraxis ausfallen sollten, gibt es nicht. „Dann machen wir das, was wir hinbekommen. Menschen, die akut erkrankt sind, gehen natürlich vor“, sagt Wolf-Miehe. Alles, was in der Pandemie ohnehin zu kurz komme, beispielsweise Vorsorgeuntersuchungen oder die Routinebetreuung chronisch kranker Patienten, müsse dann wieder warten. „Wohl fühlen wir uns damit überhaupt nicht“, sagt der Mediziner. 

Die Änderungen bei der Teststrategie stoßen bei Wolf-Peter Miehe nicht auf Begeisterung. Bund und Länder haben vereinbart, dass nicht mehr jeder, der einen positiven Schnelltest hat, einen PCR-Test bekommen soll. Stattdessen sollen die Tests für medizinisches Personal und vulnerable Gruppen reserviert werden. „Uns hilft das natürlich nicht, weil es wieder Diskussionen und Geschrei am Telefon und in der Sprechstunde erzeugt“, sagt Miehe. Wie sich das auf den Genesenen-Status auswirke, sei auch völlig unklar. Außerdem vermutet der Mediziner, dass es bald zu einer Knappheit bei den Schnelltests kommt. „Damit verlagert man das Problem von einem Test auf den anderen“. Antje Dörr