Das Thermometer zeigt 34 Grad im Schatten. Das Fachwerk der umstehenden Häuser ächzt und die Luft knistert förmlich. Dennoch sind viele Musikbegeisterte gekommen und lassen sich das letzte Konzert der diesjährigen Open-Air-Reihe nicht entgehen. Der Eintritt für das Saxofonensemble Sax.Plus und die Big Band Dibraya aus Israel ist frei. „Spenden sind aber immer gerne gesehen“, erklärt Bastionsvorstand Bernhard Fischer schmunzelnd, bedankt sich bei allen ehrenamtlichen Helfern und gibt nach einer kurzen Begrüßung die Bühne frei für das Abschlusskonzert an diesem Abend.
In langer schwarzer Kleidung betreten die fünf Musiker von Sax.Plus die Bühne und nehmen die Anwesenden mit auf eine musikalische Weltreise: Sie wiegen sich zu Tango-Rhythmen von Piazzola, erscheinen als imaginäre Wüstenschiffe im heißen Sand, zu Klängen von John Mackeys Strange Humors, überraschen das Publikum mal mit Samba-Vibes von der Copacabana und mit Steffen Sautters afrikanischen Bariton-Beats.
Dass die vier Mitglieder der Stadtkapelle manchmal abtrünnig sind, ist kein Problem. „Wir haben unseren Dirigenten Marc Lange einfach als Percussionisten mit ins Boot geholt“, grinst Christoph Neumann, der in Sud-America’s Läufen mit virtuoser Schnelligkeit am Sopran fasziniert. Tenor-Saxofonistin und Lehrerin Livia Göök beeindruckt nicht nur an ihrem Instrument, sondern durch wunderbare Geschichten. Gemeinsam mit Michael Attinger, dem schwäbischen George Clooney und Alt-Saxofonisten aus Schlierbach, beenden Sax.Plus unter Bravo-Rufen ihren schweißtreibenden Auftritt.
Erst die Pause dann der Funk
Nach einem kurzen Umbau wird es funkig auf der Bühne: Die zehn Musiker der israelischen Schüler-Big-Band Dibraya nehmen das Publikum mit dem Song Shuv Hadisko Kan der israelischen Pop-Band Hadorbanim sofort in Beschlag. „Guten Abend“, begrüßt Sängerin Gili Ozeri die Klatschenden auf Deutsch. Auf Englisch fügt sie hinzu: „Das war der Song ,Jetzt ist wieder alles gut‘ und weiter geht’s mit ,Honeymoon‘.“
Wer nun die Darbietung einer klassischen Schülerband erwartete, liegt völlig daneben. Mit Dan Goldenberg an der Gitarre und Henea Henea grooven sich die zehn im Jamiroquai-Stil so richtig ein, und was folgt, ist eine grandiose Vorstellung zehn hochkarätiger Jazzmusiker: Bei Sängerin Gili, die mit ihrem klaren Timbre hervorsticht, darf’s auch mal Scat-Gesang sein. Die Rhythmusgruppe um Bandleader Ido Mordechai animiert die Zuschauer zu Klatsch-Höchstleistungen, und Dori Kraizel, der die hebräischen Jazz-Songs für die Band arrangierte, lässt manch eine Kinnlade mit seinem Piano-Solo nach unten klappen.
Es ist eine Freude, den jungen Talenten des Jazz Departments der Thelma Yellin High School for the Arts zuzusehen: Mit viel Energie, großer Spielfreude und absolut professionell im Timing jammen die Musiker, hören sich gegenseitig zu und treiben sich dann wieder lachend und schwitzend zu Höchstleistungen an. Da werden Plätze und Instrumente ausgetauscht, mal befinden sich drei, dann wieder fünf Musiker auf der Bühne. Diffizile Uptempi wechseln mit gemächlichem Sound, die Musiker variieren in der Dynamik, um dann wieder im typisch fetten Big-Band-Sound zu brillieren.
Sehr zum Bedauern der Zuschauer kommen die Israel-Austauschschüler der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule gegen 21 Uhr zum Ende, und Sängerin Gili verabschiedet sich im Namen aller auf Englisch mit den Worten: „Wir sind so dankbar, dass wir die Möglichkeit hatten, hier aufzutreten, und möchten uns mit Shalom Aleichem – Friede sei mit Euch verabschieden.“