Kirchheim
Ortsvorsteher Hermann Kik: Eine Institution verlässt das Rathaus

Abschied   Wie lange vorher angekündigt, gibt Hermann Kik in wenigen Wochen sein Amt als Ortsvorsteher ab. 30 Jahre lang hat er die Geschicke Ötlingens von entscheidender Position aus mitgestaltet.  Von Andreas Volz

Seit zehn Jahren ist er bereits in Rente. Nun geht Hermann Kik auch noch in den „Ruhestand“: Ende Januar verabschiedet er sich als Ötlinger Ortsvorsteher. 30 Jahre lang hat er diesen Posten ehrenamtlich innegehabt. Er geht aus freien Stücken – zu einem Zeitpunkt, den er schon vor rund drei Jahren angekündigt hatte. Und er hat sich vorgenommen, nirgends und niemandem hineinzureden. Deshalb scheidet er auch aus dem Ortschaftsrat aus. Nicht einmal in die Nachfolgeregelung will er eingreifen.
 

„Ich wollte immer das Beste für Ötlingen erreichen.
Hermann Kik

Dass er 30 Jahre lang seinen Heimatort Ötlingen vertreten würde – nach innen wie nach außen –, hätte er sich nie träumen lassen. Beinahe hätte er seine kommunalpolitische Laufbahn gleich zu Beginn wieder aufgegeben, wie er im Rückblick berichtet: „Der Gemeinderat hat mich damals erst im dritten Anlauf zum Ortsvorsteher gewählt. Als nach der ersten Wahl im Teckboten von ,Sand im Getriebe’ die Rede war, habe ich ernsthaft überlegt, ob ich nicht gleich wieder aufhören soll.“

Das ging aber nicht. Er steckte ja schon mitten drin in der Arbeit: Bei einer Bürgerversammlung im Oktober 1990, als es um mehr Beteiligung der Ötlinger an der Kommunalpolitik ging, war er bereits einer der Wortführer, die sich für einen eigenen Ortschaftsrat starkmachten. 1992 stand die 1200-Jahr-Feier in Ötlingen an, auch die wollte organisiert werden. In sein erstes Jahr als Ortsvorsteher konnte Hermann Kik also gleich mit einem umfangreichen Jubiläumsprogramm einsteigen. Zu dem Zeitpunkt war er „nebenher“ noch voll berufstätig.

Im ersten Beruf war er Landwirt, im zweiten Kfz-Mechaniker. Schließlich landete er, nach einem Betriebswirtschaftsstudium, „beim Daimler“ – wo er mehr als 30 Jahre lang in den unterschiedlichsten Bereichen tätig war. Beruflich war er viel im Ausland unterwegs. 63 Länder hat er bereist. „Als man mir einmal Ötlinger Kirchturmpolitik vorgeworfen hat, habe ich mir nur gedacht, ich habe wohl schon mehr Kirchtürme gesehen als die meisten anderen.“

Auch das ist eine Stärke von Hermann Kik: Er kann Kritik aushalten, und er geht keiner Diskussion aus dem Weg. Die Sanierung der Ortsmitte Ötlingen, die 2022 abgeschlossen werden soll, hat ihm beides in Massen eingebracht – Kritik und Diskussionen. „Ich habe die Leute zur Besichtigung eingeladen und ihnen alles im Detail erklärt. Da hat sich manch einer danach bedankt, weil er es endlich verstanden hatte.“

Dinge direkt ansprechen

Geholfen hat ihm dabei seine berufliche Erfahrung im Beschwerdemanagement. Dinge ansprechen, auf den Tisch bringen, das hat er nicht nur gefordert, sondern auch selbst immer so gehalten: „Danach weiß man, wo man dran ist. Dann muss man hintenrum nicht mehr so viel reden.“

Beruf und Ehrenamt zu verbinden, war Hermann Kik schon vor seiner Zeit in der Kommunalpolitik gewohnt. Schließlich hat er in Ötlingen nicht nur als Ortsvorsteher das Zepter geschwungen. Zuvor war er bereits 15 Jahre lang Abteilungskommandant der Feuerwehr. Gearbeitet für Ötlingen hat er häufig am Wochenende: „Für die Feldwegkonzeption habe ich alle Feldwege auf unserer Gemarkung kartiert.“ Statt Sprechstunden im Rathaus abzuhalten, hängte er lieber seine Telefonnummer in den Glaskasten: „Die Sprechstunden haben meistens mit Ortsbegehungen geendet. So konnte ich mich also gleich telefonisch für ein Treffen vor Ort verabreden.“

Sonntags hat er oft von 4 Uhr morgens an vier Stunden Büroarbeit als Ortsvorsteher erledigt. Nachdem im Ötlinger Rathaus auch Trauungen erlaubt waren, hat er insgesamt 72 Paare dort getraut – auch gleichgeschlechtliche. „Da habe ich kein Problem damit. Wenn das legal ist, mache ich das. Das ist doch kein Thema.“

Ein heiß umstrittenes Thema seiner jüngeren Amtszeit war der Neubau für Obdachlose und Flüchtlinge im Ginsterweg. „Da hieß es, ich hätte ganz viele Standorte vorgeschlagen. Dabei waren das nur die Ergebnisse eines Workshops zum Wohnungsbau, lange vor der Flüchtlingskrise. Da hatten wir 31 Standorte definiert – zum Prüfen, nicht zum Bauen.“

Was der Rentner nun macht, wenn er auch noch als Ortsvorsteher in den „Ruhestand“ geht? Mehr Zeit für die Familie plant er ein: „Ich habe meine Töchter nicht aufwachsen sehen. Das mache ich bei meinen Enkeln anders.“ Auch einige Reiseziele schweben dem 75-Jährigen noch vor: „Ich wäre gerne mal wieder in Dubai.“ Schelmisch fügt er hinzu: „Wenn unsere Landesregierung dort fehlt, kann ich gerne auch Baden-Württemberg repräsentieren.“