Entsorgung
Owen hat ein Alkoholproblem

In Owen landen jährlich zehntausende Liter nicht-trinkbarer Alkohol und Schlempe aus Brennereien in der Kläranlage. Jetzt sollen Lösungen geprüft werden, von denen nicht nur die Brenner profitieren. 

Andreas Schwarz, Verena Grötzinger, Holger Macho und Immanuel Gruel diskutieren das "Owener Alkoholproblem". Foto: Antje Dörr

In Immanuel Gruels Laden kommen Fans von Hochprozentigem auf ihre Kosten. Flaschen und Fläschchen, gefüllt mit schwäbischem Whisky, Gin und verschiedenen Obstbränden, sind in großen Regalen aufgereiht. Immanuel Gruel und Holger Macho haben jedoch nicht in die Owener Brennerei eingeladen, um Werbung für schwäbischen Whisky oder andere Spirituosen zu machen. Im Gegenteil: Es soll um die unappetitliche Seite des Brennens gehen. Oder um das „Owener Alkoholproblem“, wie Whisky-Club-Mitglied Holger Macho es formuliert. 

 

Es ist viel Energie im Alkohol.

Holger Macho, Whisky-Club-Mitglied, will das „Alkoholproblem“ lösen

 

Das Alkoholproblem, das alle Kleinbrennereien haben, lässt sich mit einer Frage zusammenfassen: Wohin mit den Reststoffen? Bei Immanuel Gruel beispielsweise fallen pro Jahr rund 1000 Liter nicht-trinkbarer Alkohol und 30.000 bis 60.000 Liter Schlempe an. Das sind die Rückstände aus der Destillation. Die Schlempe sammelt Gruel in einem Pumpfass. Einen Teil bringt er auf seinen Feldern aus, den Rest fährt er einmal wöchentlich zur Kläranlage, wo er die Schlempe gegen Gebühr in ein großes Becken füllen darf. 

Den nicht-trinkbaren Alkohol sammelt der Brenner in einem Tank und leitet ihn zweimal jährlich unter Zollaufsicht in die Kanalisation ein. Allerdings nicht den Alkohol allein, denn der ist so hochprozentig, dass ein Funken reichen würde, „um den Deckel zu lupfen“, wie Holger Macho es formulierte. Pro Liter Alkohol müssen zehn Liter Frischwasser mit in den Gully fließen. Zwei Mal im Jahr laufen also je 5000 Liter Frischwasser Richtung Kläranlage, um den Alkohol zu verdünnen.

Pure Verschwendung sei das, sagt Immanuel Gruel. Holger Macho fällt dazu ein noch stärkeres Wort ein: „Umweltfrevel“. Und damit meinen sie nicht nur die große Menge Leitungswasser. Anstatt Alkohol und Schlempe in die Kläranlage zu leiten, wo sie noch höhere Energiekosten verursachen, könne man beides nutzen, um Energie zu gewinnen, argumentieren die beiden. Holger Macho hat an diesem Thema auch als Gemeinderat und Mitglied im Arbeitskreis Klimaschutz Owen (AKKO) ein Interesse, wo er sich aktuell um die Frage kümmert, wie sich die Kläranlage zur Energiegewinnung nutzen ließe, beispielsweise durch den Anbau eines Faulturms. 
Um über Optionen zu sprechen, hatten Gruel und Macho den Grünen-Abgeordneten Andreas Schwarz sowie Owens Bürgermeisterin Verena Grötzinger in die Brennerei eingeladen. Schwarz’ Tipp, nachdem er sich das Alkoholproblem angehört hatte: Einen Energieberater engagieren, der durchrechnet, ob sich eine Biogas-Anlage in Owen lohnen könnte, in der Schlempe, nicht-trinkbarer Alkohol und andere Reststoffe verwertet werden. Natürlich nicht für Immanuel Gruel allein. „Wir als Betrieb sind zu klein, um energetisch etwas zu machen“, sagte der. Verena Grötzinger gefiel die Idee, Reststoffe zu Rohstoffen zu machen. „Man muss es ergebnisoffen lassen, ob es auf einen Faulturm oder eine Biogas-Anlage hinausläuft“, sagte sie.