Gesundheit
Ozempic und Trulicity sollen bald weniger knapp sein

Laut dem Weilheimer Hausarzt Wolf-Peter Miehe haben die Hersteller die Produktion hochgefahren.

Die Medikamente können sich die Patienten selbst spritzen. Symbolfoto

Weilheim. Patienten, die eine der sogenannten „Abnehmspritzen“ wegen ihres Übergewichts verschrieben haben wollen, sind laut dem Weilheimer Hausarzt Dr. Wolf-Peter Miehe bislang eher die Ausnahme. „Das kommt bei mir vielleicht alle zwei Wochen einmal vor“, sagt Miehe, der auch Vorsitzender der Kreisärzteschaft im Altkreis Nürtingen ist.

Das wohl bekannteste Präparat – Ozempic – ist gar keine „Abnehmspritze“, sondern wird ebenso wie Trulicity bei der Behandlung von Diabetes Typ-2 in Verbindung mit Adipositas eingesetzt. Ozempic hat in den vergangenen Jahren immer wieder für Schlagzeilen gesorgt, weil Hollywood-Stars das Präparat als „Fett-Weg-Spritze“ bewarben. Der Wirkstoff Semaglutid regt die Ausschüttung von Insulin an und sorgt so dafür, dass der Blutzuckerspiegel sinkt. Außerdem dämpft er das Hungergefühl, was dazu führt, dass Patienten Gewicht verlieren.

„Für übergewichtige Diabetiker, die mit der Standardtherapie nicht behandelt werden können, sind Ozempic und Trulicity tolle Medikamente“, sagt Hausarzt Wolf-Peter Miehe, der die Präparate als „Gamechanger“ bezeichnet. „Sie bewirken, dass man abnimmt und sich die Stoffwechsellage im Gleichklang mit der Gewichtsabnahme normalisiert“. Miehe warnt aber davor, zu glauben, dass solche Medikament allein Wunder bewirken können. „Man muss schon davon ausgehen, dass es – wenn man es absetzt – bei den meisten Patienten einen Rebound-Effekt gibt und das Gewicht wieder hochgeht“, sagt er. Es sei eine langfristig angelegte Therapie. „Es nützt nichts, wenn man sein Leben nicht ändert.“

Entspannung in Sicht

Was Wolf-Peter Miehe und andere Ärzte aktuell davon abhält, die Medikamente im großen Stil zu verschreiben, sind die geringe Verfügbarkeit – und die hohen Kosten. Die Krankenkassen bezahlen die Therapie aktuell nur Menschen mit Diabetes Typ-2. Und die geringe Verfügbarkeit zwingt Ärztinnen und Ärzte dazu, zu priorisieren. Diabetiker, die schon einmal einen Herzinfarkt gehabt hätten oder eine arterielle Verschlusskrankheit und deren Prognose sich durch Ozempic dramatisch verbessere, bekämen die Medikamente von ihm eher als andere, sagt Wolf-Peter Miehe.

Das Thema Verfügbarkeit scheint sich jedoch schon bald etwas zu entspannen. „Sowohl Novo Nordisk, die Ozempic produzieren, als auch Lilly (Anmerkung der Redaktion: die Hersteller des Medikaments Trulicity) haben signalisiert, dass sie im Laufe des Jahres mehr produzieren und liefern können“, sagt Wolf-Peter Miehe. Das bedeute jedoch nicht, dass der Engpass komplett behoben sei.

Wegovy und Mounjaro, die unter anderem zur Behandlung von Adipositas zugelassen sind, sind hingegen besser verfügbar, müssen aber selbst bezahlt werden. Verschrieben werden sie von Hausärztinnen und -ärzten. Wenn ein Patient eines der Präparate haben will, checkt Hausarzt Wolf-Peter Miehe erst einmal, ob die Bauchspeicheldrüse in der Lage ist, damit umzugehen. „Zumindest muss man eine Blutabnahme machen“, sagt er. Dann werde das Medikament in steigender Dosis verordnet. „Man muss die Patienten gut auswählen. Das Ganze funktioniert nur, wenn sie ihr Leben ändern wollen“, sagt Wolf-Peter Miehe. Ohne Bewegung und Ernährungsumstellung sei die Therapie nicht nachhaltig.