Dass Christoph Schutte in den Genuss des Pflegebonus kommen wird, hat er aus der Presse erfahren. „Ich warte bis er da ist, und dann freue ich mich“, sagt der Altenpfleger, der in Teilzeit für die Diakoniestation Teck in Weilheim arbeitet. Die andere Hälfte seiner Arbeitszeit engagiert sich Schutte als Vorsitzender der Mitarbeitervertretung (MAV), des „Betriebsrats“ der kirchlichen Einrichtung, und ist deshalb in Kontakt mit vielen Mitarbeitenden. „Der Pflegebonus, egal, ob der vergangene oder der kommende, ist nur ein Symbol“, sagt er. „Finanziell ist das keine große Entlastung“. Es werde oft darüber gesprochen, dass man die Pflegekräfte mehr belohnen oder wertschätzen müsse. Auch dafür sei der Bonus nicht geeignet. „Das Gehaltsniveau hat sich kaum verändert. Die Tarifabschlüsse der letzten Jahre lagen bei 1,4 und 1,8 Prozent“, kritisiert er. Dadurch werde der Beruf der Pflege nicht attraktiver. Schutte liebt seinen Beruf trotz alledem. „Die Dankbarkeit der alten Menschen ist unbezahlbar“, sagt er.
Mit dem Pflegebonus sollen die erschwerten Arbeitsbedingungen während der Pandemie, unter anderem in der Altenpflege gewürdigt werden. Dass die Arbeit in den vergangenen zwei Jahren anstrengender war als vorher, bestreitet Schutte nicht. „Dass wir die Dienste in Schutzausrüstung machen mussten, war für die Pflegekräfte unterschiedlich belastend“, sagt er. Mit Maske zu arbeiten, empfinde er auch heute noch als etwas lästig, habe sich aber darauf eingestellt. „Wenn wir von Klient zu Klient fahren, können wir die Maske immerhin im Auto abnehmen“, sagt Schutte. Covid-positive Menschen zuhause zu versorgen, sei während der ersten Wellen gar nicht so oft vorgekommen, weil die Betroffenen häufig im Krankenhaus behandelt werden mussten. „Mittlerweile kommen die älteren Infizierten nicht mehr automatisch ins Krankenhaus. Dadurch haben wir wieder mehr Kontakt mit Infizierten, müssen häufiger in Schutzausrüstung arbeiten, und auch unser Ansteckungsrisiko steigt“, sagt Schutte.
Als sehr belastend beschreibt Christoph Schutte außerdem die Monate, in denen Betreuungseinrichtungen geschlossen werden mussten und die Kinder vieler Mitarbeitenden nicht mehr betreut werden konnten.
Während sicher niemand an der Leistung der Pflegekräfte zweifelt, fragen sich andere Beschäftigte im Gesundheitswesen: Warum bekommen wir eigentlich keinen Bonus? Offen ausgesprochen haben das die Medizinischen Fachangestellten der Gemeinschaftspraxis Holzmaden, die sich an den Teckboten gewandt haben. „Seit Anfang der Pandemie sind wir die erste Anlaufstelle für alle Fragen und versuchen trotz der ständigen Änderungen unseren Patienten mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Etliche Male mussten wir unsere Praxisabläufe kurzfristig an die Corona-Situation anpassen, dafür haben wir viel Kritik und Unverständnis kassiert“, schreiben die Mitarbeiterinnen in ihrem Brief. Sie wollen jedem Politiker, Pressevertreter und Patienten anbieten, sich einen Tag an ihre Anmeldung zu setzen, „um sich dem geballten, manchmal aggressiven Verhalten der verunsicherten oder auch fordernden Patienten auszusetzen“. Seit Monaten arbeiteten die Mitarbeiterinnen an ihrer Belastungsgrenze, als Gründe für die Mehrarbeit nennen sie PCR Abstriche, Schnelltests, Infek tsprechstunden, Corona-Impfungen, dazu FFP2-Maske tragen ohne Pausen, überlastete Telefonleitungen, überquellende E-Mail-Postfächer mit unzähligen Fragen und Warteschlangen vor der Arztpraxis.
„All diese zusätzlichen Arbeiten verrichten wir seit Monaten stillschweigend und versuchen trotzdem, dabei zu lächeln, obwohl uns sehr oft nach Heulen zumute ist“, sagen die Arzthelferinnen. Unter diesen erschwerten Bedingungen sei es oft nicht leicht gewesen, chronisch oder auch akut erkrankte Patienten ohne Corona adäquat zu versorgen. „Wir haben diesen Beruf erlernt, um kranken und hilfsbedürftigen Menschen zu helfen und beizustehen – aber wer steht uns jetzt bei?“, so der Appell der Frauen. Es sei fast unmöglich geworden, neues Personal für niedergelassene Praxen zu finden. Der Beruf sei für junge Menschen extrem unattraktiv und abschreckend geworden, und daran sei die Politik nicht unschuldig. „Eine staatliche Corona Prämie wäre eine Anerkennung unserer harten und kräfteraubenden Arbeit und ein Zeichen der Wertschätzung“, lautet das Fazit der Mitarbeiterinnen.