Freude, Erleichterung und Stolz waren ihnen am Ende des ersten Konzerts nach der zweijährigen Pandemie-Zwangspause anzusehen, den 50 Musikerinnen und Musikern des Orchesters der Volkshochschule Kirchheim. Der Stolz war berechtigt, denn sie haben einen großartigen Auftritt abgeliefert, was in Anbetracht der erschwerten Probenbedingungen und des anspruchsvollen Konzertprogramms nicht selbstverständlich war. Der Dirigent Siegfried Hartauer hat hohe Hürden gesetzt mit dem Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 in B-Dur von Johannes Brahms und es ist ihm gelungen, mit Daniel Röhm einen hochkarätigen Pianisten von internationaler Klasse, der vorwiegend mit Profiorchestern konzertiert, als Solisten zu gewinnen.
Wie ein leidenschaftlicher Poet am Klavier versetzt er die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer in der Stadthalle schon nach wenigen Takten in Erstaunen und der vom romantischen Schwung erfüllte 1. Satz des Klavierkonzerts bietet ihm viel Raum, seine Virtuosität und seine brillante Technik zu präsentieren. Brahms’ Musik wird von Röhm voller Würde, Leidenschaft und geistiger Tiefe gestaltet und das VHS-Orchester beeindruckt mit sattem, ausgewogenem Klang. Siegfried Hartauer dirigiert souverän, gibt deutliche Einsätze und fordert vom Orchester ausdrucksvolles detailliertes Spiel und spannungsgeladene Steigerungen, die vom Klavier bereichert werden mit filigranen Arpeggien, vollgriffigen Akkordschlägen und anspruchsvollen Oktavläufen.
Wuchtig und zugleich angenehm
Den 2. Satz hat Brahms entgegen der Tradition als Scherzo konzipiert, als feuriges „Allegro appassionato“ mit dramatischem Gepräge, bei dem Daniel Röhm im stürmisch hochfahrenden Hauptgedanken mit voller Wucht, aber zugleich angenehmem Anschlag in die Tasten greift. Der innige Gesang des „Andante“ erklingt im „Zwiegespräch“ zwischen Solo-Violoncello und Klavier, bei dem der 1. Cellist Reinhard Klay mit samtweichem Celloton glänzt. Das Klavier braust auf und ebbt zurück in träumerisch-lyrische Gefilde, wo Daniel Röhms musikalisches Feingefühl zum Hörgenuss wird. Die Streicher gefallen durch weitgehend saubere Intonation und schöne Abphrasierungen. Sie bringen die romantisch-pathetische Tonsprache gut zur Geltung. Der vierte Satz zeigt mit seinen frischen eingängigen Melodien und seinem graziösen Charakter den Duktus ungetrübter Lebensfreude. Brahms’ Vorliebe für ungarisch-folkloristische Anklänge dürfen die Holzbläser in leuchtenden reinen Tönen verdeutlichen. Das gewaltige Werk endet mit einem wirkungsvollen Abschluss. Frenetischer Beifall für den hervorragenden Pianisten, den Dirigenten und das VHS-Orchester beschließt den ersten Teil des Sinfoniekonzerts.
Bedrohliches Unisono der Streicher
Mit der respektablen Aufführung der berühmten Sinfonie Nr. 8 h-Moll („Unvollendete“) von Franz Schubert schenkt das Orchester den Zuhörerinnen und Zuhörern ein begeisterndes Hörerlebnis. Düster und bedrohlich ertönt das Unisono der tiefen Streicher, die ins schicksalhaft pochende Pizzicato übergehen, ehe die wunderbaren Schubert-Melodien über dem mystischen hellen Streicherteppich in den Raum strömen. Beim herrlichen „Gesang“ in den lyrischen Themen beider Sätze faszinieren mit gekonntem Spiel Hanna Seitz (Oboe), Gerhard Ehrlich und Heinz Schober (Klarinette) und die Violoncelli. In den Forte-Eruptionen besticht der volle Tuttisound des durch einige Berufsmusiker im Blech und im Schlagwerk verstärkten Klangkörpers.
Eine schöne Gestaltung erfährt die Bühnenmusik „L’Arlésienne-Suite Nr. 2“ von Georges Bizet, ihre vielfältigen Facetten werden ausgeleuchtet durch Soloinstrumente. Susanne Breckel brilliert an der Querflöte und wird dabei von Andrea Ehrlich an der Harfe begleitet. Als „Rausschmeißer“ mit spanischem Flair fungiert die „Farandole“, die mit dem sukzessiven Einsatz der Klanggruppen in einer triumphalen Schlussfanfare endet.