Seit gestern haben im Landkreis 135 Menschen ihre Erstimpfung gegen das Coronavirus erhalten. Die Spritze bekamen sie jedoch weder in der Artzpraxis noch im Impfzentrum: Zuständig war ihr Arbeitgeber Leuze electronics. Beim Sensorhersteller aus Owen haben vier Helfer der Malteser Neckar-Alb in eigens dafür vorbereiteten Räumen den Mitarbeitern die Vakzine verabreicht, die sich gemeldet haben. Auch die vorherige Anmeldung, die Vorbereitung der Vakzin-Dosen, die Dokumentation nach den Impfungen sowie die Betreuung der Geimpften hatten die Malteser übernommen. Als Raum diente ein Bereich, in dem zu normalen Zeiten Betriebssport stattfindet. Somit gab es vom Ablauf keinen Unterschied zu einem „normalen“ Impfzentrum. Auch die Probleme sind ähnlich: „Es war nicht so einfach, ausreichend Impfstoff zu erhalten. Umso mehr freuen wir uns, jetzt unseren Mitarbeitern ein Impfangebot machen zu können“, sagt Diana Seitz, Corona-Beauftragte bei Leuze. Die Impfung sei aber kein Muss, sondern freiwillig gewesen, betont sie.
Zehn Kilometer entfernt bei Keller Lufttechnik in Jesingen warten 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon auf die zweite Impfung am 7. Juli. Die erste „Runde“ lief schon am 9. Juni. „Wir haben 350 Mitarbeiter gefragt, 100 haben sich angemeldet. Dann wurde es aber noch spannend, ob der Impfstoff auch geliefert wurde“, erzählt Axel Maier, bei Keller zuständig für die Betriebssicherhei. Tatsächlich kamen zwei Tage vorher 112 Dosen. „Da hatten sich noch einige Angehörige von Mitarbeitern gefreut, denen wir die Möglichkeit anbieten konnten“, erzählt er.
erhalten.
Kellers Betriebsarzt, der in Kirchheim praktizierende Dr. Martin Schmieder, hatte alles mithilfe des von Maier geleiteten Teams organisiert. „Geimpft wurde bei uns auf dem Gelände, in einem großen Konferenzraum. Das hat sehr gut geklappt“, freut sich Michael Hack, Sprecher des Luftfilterherstellers. Dass nicht immer alles klappt wie geplant, mussten dagegen die Organisatoren und Mitarbeiter des Nürtinger Maschinenbauers Heller erleben: Dort wurden statt der bestellten Höchstmenge für Betriebe von 800 nur 120 Dosen geliefert.
Modellprojekt läuft seit Mai In Baden-Württemberg hat die Landesregierung seit Mai im Rahmen ihres „Modellprojekt Impfen in Betrieben“ in zwölf Unternehmen aus Baden-Württemberg rund 12 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geimpft. Drei weitere Projekte mit Handwerksbetrieben unter zehn Mitarbeitern sind jüngst hinzugekommen. Hier wollte man zeigen, dass auch kleinere Betriebe Impfangebote machen können. Für diese stehen etwa 400 Impfdosen zur Verfügung.
Zusätzlich bieten zum Beispiel die Malteser Hilfe bei der Organisation an. Sind nicht genügend Räume vorhanden, um einen Wartebereich anzubieten, sowie Räume für das Aufklärungsgespräch, die eigentliche Impfung und das Ausruhen, gibt es ebenfalls Möglichkeiten. „Dann fährt die Mobile Arztpraxis auf das Firmengelände, das ist ein goßer Rettungswagen, der wie eine Praxis eingerichtet ist. Bis zu 100 Personen können damit an Ort und Stelle geimpft werden“, sagt Steffen Schütze, Leiter der Corona-Dienste bei den Maltesern Neckar-Alb. „Das Fachwissen zu den Details und Abläufen haben wir uns in den letzten Wochen und Monaten angeeignet“, sagt Steffen Schütze. Nur die Impfdosen könnte man nicht bestellen, dafür aber dem jeweiligen Betriebsarzt oder dem externen Arzt bei der Bestellung helfen.
Als „wichtige dritte Säule“ hat Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha die betriebsärztliche Impfung bezeichnet. Doch auch er musste einräumen, dass auch hier dieselben Beschränkungen gelten. „Leider ist wie in den Impfzentren und bei den Hausärzten auch hier der Impfstoff noch sehr begrenzt.“ Doch Lucha betonte, dass künftig Betriebe eine wichtige Rolle spielen können, wenn routinemäßig ein- bis zweimal Auffrischungsimpfungen notwendig sein sollten. Und da lautet die gute Nachricht: Organisatorisch waren die ersten Betriebs-Impfzentren im Landkreis ein Erfolg.
Infos zur Impfkampagne in den Betrieben
Seit dem 7. Juni sorgen bundesweit auch die Betriebsärzte dafür, dass die Impfstoffe gegen das Coronavirus unter die Leute kommen. Bis Ende nächster Woche kann das Bundesgesundheitsministerium nach eigenen Angaben mehr als 2,1 Millionen Dosen zur Verfügung stellen. Jeder Betriebsarzt kann eine zugesicherte Menge von 102 Dosen erhalten, maximal sind 804 pro Bestellung möglich. Wie viele dann tatsächlich abgerufen werden, hänge vom „Bestellverhalten“ der Ärzte ab, heißt es beim MInisterium.
Für Baden-Württemberg ist die Datenlage unklar. Das Sozialministerium in Stuttgart erhebt die Menge der von Betriebsärzten angefragten Impfstoffe nicht, auch IHK oder Berufsverband Deutscher Arbeitsmediziner machen keine Angaben. Legt man die Zahlen des Bundes zugrunde, wären es für „Ba-Wü“ entsprechend dem Bevölkerungsanteil rund 280 000 Dosen.
Kleine Betriebe können logistische Unterstützung der Malteser bekommen. Ansprechpartnerin für die Impfungen in Betrieben im Landkreis Esslingen ist Michaela Köstler, die in der Bezirksgeschäftsstelle in Nürtingen unter der Telefonnummer 0 70 22/2 43 39 12 oder per E-Mail an impfen.neckar-nlb@malteser.org erreichbar ist. zap