Befriedigend bis gut - so urteilt Hansjörg Güthle, Pflanzenproduktionsberater beim Landwirtschaftsamt Nürtingen, über die Getreideernte im Albvorland. Auf der Alb steht das Korn vielerorts noch auf den Feldern. „Eventuell kann dort die Ernte schlechter ausfallen als im Tal“, sagt der Fachmann. Der Regen in den vergangenen Tagen ist die Ursache für den möglichen Qualitätsverlust.
Die Landwirte im Tal dagegen freut der Niederschlag. So können das Gras und der Mais wachsen und gedeihen und auch die Obstbäume freuen sich über jeden Tropfen. Drei Wochen früher als sonst fallen die ersten Äpfel schon von dem Bäumen. „Wir hatten dieses Jahr ein riesen Wasserdefizit. Schon im April war es viel zu trocken. Die Niederschläge im Mai und Juni haben dem Getreide sehr geholfen. Deshalb können wir mit dem Ertrag zufrieden sein“, so Hansjörg Güthle. Allerdings hat die Hitzewelle im Juli die Pflanzen geschlaucht. „Zeitweise standen sie 15 Stunden in der Sonne bei einer Durchschnittstemperatur von etwa 40 Grad. In der prallen Sonne am Nachmittag war es noch heißer“, erklärt er. Diese Hitze hat das Getreide auf der Alb besonders mitgenommen. „Die späten Lagen waren da noch grün“, sagt er. Fehlt in diesem Stadium das Wasser, reift das Getreide schnell. Das heißt, die Pflanze reift von oben ab, während der Stängel noch grün ist. Bei einer hohen Temperatur entwickelt sich in einem Feld eine richtige Hitze, sodass es zu einer Art Dörre des Getreides kommt.
„Sehr gut gedroschen wurde die Wintergerste“, freut sich der Fachberater mit den Landwirten. Die Qualität beim Weizen fällt seiner Ansicht nach mittel bis gut aus. Unter den starken Gewittern hat der Hafer gelitten. Auf manchen Feldern lagen die meisten Pflanzen quer auf dem Boden. „Der Hafer fällt am leichtesten. Er ist dann schwer, zu ernten, im schlimmsten Fall wächst er aus“, sagt Hansjörg Güthle, und weiter: „Wir hatten keine Missernte, aber die Körner sind etwas kleiner ausgefallen.“ Auch der Eiweißgehalt ist nicht immer im optimalen Bereich. „In der Region können wir aber noch zufrieden sein. Im Gegensatz zu Nord- und Ostdeutschland sieht es bei uns besser aus, auch wenn wir keine Spitzenernte zu verzeichnen haben“, erklärt der Fachberater. Bislang blieb der Kreis Esslingen vom Hagel verschont, lediglich die Filder haben im Mai ein Unwetter abbekommen.
„Die Ernte war dieses Jahr extrem bodenabhängig. Es ist keine Superernte - aber wir können zufrieden sein“, sagt Siegfried Nägele, Vorsitzender des Kreisbauernverbands Esslingen. Zwar hat es rund um die Teck vergleichsweise ordentlich geregnet. „Das Wasser ist jedoch schnell verdunstet, wir hatten keine Bodenfeuchte“, erklärt der Bissinger Landwirt. Der Regen der vergangenen Tage sei für Wald und Wiese gut gewesen. „Nach zwei Tagen ist das Wasser aber weg, von den Pflanzen verdunstet. Wir sprechen von einem dämpfigen Wetter. In den mittleren und unteren Bodenschichten kommt nichts an“, so Siegfried Nägele.
Das meiste Getreide konnte in der Region trocken eingebracht werden. „Von daher haben wir eine gute, trockene und ordentliche Qualität beim Weizen, die sich zum Backen eignet“, sagt der Bissinger. Der Ertrag ist seiner Einschätzung nach leicht unterdurchschnittlich - der Preis ist es noch mehr. „Unser Getreide wäre mehr wert, als wir tatsächlich bekommen. Dieser Preis honoriert nicht die Qualität der von uns produzierten Lebensmittel“, kritisiert Siegfried Nägele. Raps und Wintergerste seien durchschnittlich im Preis, nicht so aber Weizen und Braugerste. „Der eher unten angesetzte Wert ist vom globalen Kurs abhängig. Eine Tonne Weizen wird sieben Mal auf dem Weltmarkt virtuell verkauft. Es ist egal, ob der Transportweg 50 Kilometer oder 10 000 Kilometer beträgt“, erklärt der Landwirt.
„Je nach Standort ist die Qualität unterschiedlich ausgefallen. In Dettingen hatten wir eine leichte Notreife, in Lenningen war es relativ gut beziehungsweise durchschnittlich“, ist Michael Kuch vom Sulzburghof mit seiner Getreideernte zufrieden, zu der auch der Dinkel, das schwäbische Urkorn, gehört.